Rezension || Die erstaunlichen Abenteuer der Maulina Schmitt – Mein kaputtes Königreich | Finn-Ole Heinrich

by Alexandra Stiller
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“Zum Glück sind’s nur noch siebeneinhalb Jahre, bis ich erwachsen bin und endlich allein entscheiden kann.”
~ Zitat der “einzigartigen, ungewöhnlich spektakulären, grenzenlos mirakulösen Maulina Schmitt”

http://www.hanser-literaturverlage.de/buecher/buch.html?isbn=978-3-446-24304-0

Klappentext: 

Maulinab Welt ist aus den Fugen geraten: Sie muss die Trennung ihrer Eltern verdauen, einen Umzug schlucken und sich an einer neuen Schule zurechtfinden. Sie und ihre Mutter sind aus dem geliebten „Mauldawien” ausgezogen, mit dem gefräßigen Dielenboden und den blau-weißen Sofas. Ausgerechnet nach „Plastikhausen”. Da ist alles so steril, und es gibt überhaupt keine Kinder. Hat das etwa „der Mann”, wie sie ihren Vater nennt, bestimmt? Doch dann erfährt Maulina von der Krankheit ihrer Mutter. Jetzt hat sie noch etwas, auf was sie wütend sein kann. Und wenn Maulina wütend ist, bleibt kein Stein auf dem anderen. Ein witzig illustriertes Kinderbuch mit einer besonderen Heldin – trotzig, eigensinnig und voller Fantasie.

Meine Gedanken zu dem Buch:

Das Text-/Illustrations-Duo Finn-Ole Heinrich & Rán Flygenring haben 2012 für ihr erstes gemeinsames Projekt “Frerk, du Zwerg!” den Deutschen Jugendliteraturpreis gewonnen und legen nun mit “die erstaunlichen Abenteuer der Maulina Schmitt” ihr zweites gemeinschaftlich entstandenes Werk vor. Maulina Schmitt heißt eigentlich Paulina, aber aufgrund ihres überbrausenden Temperaments hat sie den Spitznamen in der Tat nicht umsonst. Maulina lässt sich nichts vormachen, hat ihren ganz eigenen (Dick)kopf und wenn es ihr gegen den Strich geht, kann sie schon mal zur größten Maulerin unter der Sonne werden.
Und momentan geht ihr sehr viel gegen den Strich, denn: sie muss tatsächlich ihr geliebtes Königreich Mauldawien verlassen! Die geliebte Wohnung im vierten Stock mit etwas gruseligem Dachboden, alten Dielen und Holzbalken, herumliegenden Büchern und einer Skulptur aus gekauten Kaugummis (!) Und natürlich den tollen Garten mit der Maulhöhle! Haus, Straße, Garten, alles gehört zu “Mauldawien” und Paulina selbst hat sich zur “Prinzessin von Mauldawien” ernannt.


“Wir hatten vierundachtzig Topfpflanzen und einen Balkon mit Erdbeeren und Bilder an den Wänden und unter jedem Tisch geheime Gemälde von einer jungen Künstlerin (ICH!), die eines Tages damit berühmt werden würde.” ~ Seite 7

Doch nun muss sie ausziehen, zusammen mit ihrer Mutter. In einen Vorort mit schrecklichen Reihenhäusern, wo alles unecht und plastikhaft wirkt. Maulina ist geschockt und daran kann natürlich nur ihr Vater schuld sein, denn: ihre Eltern haben sich getrennt! Für Maulina ist sofort klar: ihr Vater hat sie fort geschickt. So beschließt sie, nicht mehr mit ihm zu reden, da er ja auch weiterhin in Mauldawien wohnt, ja ihn nicht mal mehr als Vater anzuerkennen. Immerhin muss sie wegen ihm nun in diesem Plastikhaus wohnen! Alles ist doof in ihrer neuen Umgebung. Schule, Nachbarn, Garten…alles doof. Und doch freundet sie sich nach einiger Zeit mit Paul an, einem Mitschüler, der recht verschwiegen ist. Zusammen mit ihm schmiedet sie nun eifrig Pläne, Mauldawien wieder zurück zu erobern, denn so schnell gibt sie nicht klein bei!
Jedoch muss auch die etwas altkluge und besserwisserische Maulina erfahren, dass die Dinge oft anders sind, als sie glaubt (oder gerne glauben möchte). Denn ihre Mutter gesteht ihr, warum sie tatsächlich ausgezogen sind und dass es nicht ihres Vaters Wunsch, sondern ihr eigener war. Die Gründe dafür stimmen Maulina traurig und nachdenklich. Aber zum Glück gibt es da noch einen sicheren Hafen für Maulina, deren Lebensvorstellungen vollkommen ins Wanken geraten sind. Ihr Großvater, den sie liebevoll den “General von Käse” nennt, hat doch immer wider die richtigen Worte für das Leben im Allgemeinen und für Maulina ganz im Speziellen parat.


Der General für Käse nimmt mich in den Arm und sagt, dass alles immer irgendwie weitergeht, dass das das Leben ist: sich zurechtfinden mit dem, was zu einem kommt. Das meiste ist prächtig und manches nicht. “Das ist die Aufgabe, Paule: klarkommen, wegstecken, weitermachen. Und das alles nicht persönlich nehmen. Nichts passiert, um dich zu ärgern.”  ~ Seite 137


Und auch ihr neuer Freund Paul findet einen Weg in Maulinas Herz, denn sie lernt, dass sie nicht die einzige mit einem “kaputten Königreich” ist. Dass man einfach lernen muss, sein Königreich aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Finn-Ole Heinrich hat sich dem für Kinder sehr schwierigen Thema Scheidung / Trennung gewidmet und es ist ihm wahrlich mit Bravour gelungen, das ganze aus Sichtweise eines zehnjährigen wütenden Mädchens zu erzählen, die damit plötzlich konfrontiert wird und sich ihre ganz eigenen, manchmal auch etwas verworrenen Gedanken dazu macht. Kindgerecht mit einer großen Portion Verspieltheit zeigt er auf, wie Kinder – in seinem Fall Maulina und auch Paul – die Trennung der Eltern erleben, aus welchen Gründen auch immer diese stattfinden. Seine Protagonisten sind allesamt mit sehr viel Liebe zum Detail gezeichnet und überzeugen auf ganzer Linie.


Kurz & gut – mein persönliches Fazit

Etwas verspielt mit vielen kreativen Wortschöpfungen kommt der Text daher, mal sehr ernst, mal ironisch und frech, aber auch immer wieder sehr lustig. Finn-Ole Heinrich hat es verstanden, fesselnde Abwechslung einzubringen, die kleine Leseratten mit Sicherheit an die Geschichte binden. Rán Flygenrings Illustrationen, die alle blau/weiß/schwarz gehalten sind, durchziehen das Buch und untermalen die jeweiligen Situationen bildhaft. So stößt man sogar ab und an auf ein zwei- oder sogar mehrseitiges gezeichnetes Comic oder auch mal auf Maulinas Lieblingsrezept für Maulwurfskuchen und natürlich für Mamas weltbesten Kakao! Auch die Mitarbeit wird gefördert, indem man alle 84 Topfpflanzen von Mauldawien im Buch finden muss. Eine sehr amüsante und gelungene Idee! Ich kann diese Buch für Kinder ab zehn Jahren vollkommen empfehlen. Auch Erwachsene werden sicher ihre Freude daran haben, zumal sich dieses Buch auch wunderbar zum Vorlesen eignet.


© Rezension: 2014, Alexandra Zylenas



Die erstaunlichen Abenteuer der Maulina Schmitt – Mein kaputtes Königreich | Finn-Ole Heinrich | Hanser Literaturverlag

Genre: Kinderbuch, empfohlen ab 10 Jahren
Erscheinungsdatum: 29.07.2013 | Fester Einband, 176 Seiten, mit zahlreichen farbigen Abbildungen ISBN13: 978-3-446-24304-0

7 comments

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7 comments

Juliana 22. Juli 2014 - 6:43

Das klingt wirklich mehr als spannend.
Ich hatte bisher immer ein bisschen Probleme mit skandinavischen Autoren/Büchern. Vielleicht habe ich bisher aber auch immer die falschen Bücher gelesen 🙂
Krähenmädchen rückt auf meiner Wunschliste jetzt definitiv ein Stückchen weiter nach oben!

Liebste Grüße
Juliana

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Sabine K. 22. Juli 2014 - 6:58

Ich stimme jetzt schon zu…inhaliere es gerade noch und bin total fertig… Ich, die sonst das ganz abgefahrene liebt…
Ja, ich habe mich jetzt auch schon ein paar Mal gefragt, was ist das, dass man bei nordischen Autoren gleich in eine gewisse Stimmung versetzt wird, wenn man auf dem Cover “Thriller” liest? Was genau wird da mit einem gemacht? Auf jeden Fall gabs bisher schon genügend Textstellen in dem Buch, wo mir nicht so gut war… Ist das Thema auch nicht ganz unschuldig dran und eben das, was die das Autorenduo da aus Worten gebaut hat! Und ja, ich weiß jetzt schon, dass ich Band 2 und 3 auch verschlingen werde! Wirklich mal wieder was richtig außergewöhnliches!

Liebe Grüße
Bine

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Corinna 22. Juli 2014 - 14:28

Klingt sehr gut :0) Ich liebe ja seinen Roman “Räuberhände”, mit dem er mich sehr beeindruckt hat.

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AygenBK 22. Juli 2014 - 20:48

Liebe Bine, es ist in der Tat faszinierend, dass Wörter allein schon solche Gefühle auslösen können. Gänsehaut pur, allein der Anfang, die Vorbereitung auf die Tat selber hat mich schon unglaublich gefesselt. Liebe Grüße aygen

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AygenBK 22. Juli 2014 - 20:51

Hallo Juliane, tatsächlich? Ich bin seit Jahren begeisterte Jussi Adler-Olsen und Jo Nesbø Leserin. Hast du von denen schon etwas gelesen? Meine Liebe zu den skandinavischen Krimis/Thrillern kam damals mit “Der Erlöser” von Nesbø. Ich bin gespannt wie Dir o.g. Buch gefallen wird.:-) liebe Grüße Aygen

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Ruby 24. August 2014 - 8:25

Hey 🙂 ,

wie versprochen melde ich mich und war schon fleißig auf deinem Blog unterwegs 🙂 Und am Krähenmädchen bin ich nun hängen geblieben. Bei Thrillern und Krimis bin ich immer etwas anspruchsvoll. Die wenigsten haben wirklich neue Ideen und können einen so fesseln das man bis zur letzten Seite grübeln muss. Sehr gute Erfahrungen habe ich da übrigens in letzter Zeit mit Jugendthrillern gemacht. Janet Clark schreibt genial und auch “Blind Walk” hat mich gefesselt.
Aber du hast mir Krähenmädchen gerade sehr schmackhaft gemacht. Da weiß ich was ich mir als nächstes vornehme 😀

Tintengrüße von der Ruby
http://tintengewisper.blogspot.de/

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Nelly 2. Januar 2016 - 13:55

Huhu, ich hoffe, du hast nichts dagegen, dass ich deine Rezension auf meinem Blog verlinkt habe. Du kannst es dir HIER anschauen.

Alles Liebe, Nelly

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