Rezension | Sieben Jahre Nacht | Jeong Yu-jeong

by Marcus Kufner
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Sein Vater ist ein Versager: ein mittelmäßig erfolgreicher, ehemaliger Baseballspieler, der auf Druck seiner Frau eine Stelle als Sicherheitsmanager bei einem Stausee annimmt, um die Schulden zu bezahlen. In einer nebligen Nacht wird der Vater zum »Stausee-Monster« – er ermordet ein Mädchen und öffnet den Stausee, um das ganze Dorf hinwegzufegen.

Wie kann ein elfjähriger Junge überleben, wenn alle Welt in ihm den Sohn des »Stausee-Monsters« sieht? Sieben Jahre lang muss er sich verstecken und reist von Ort zu Ort. Doch kaum gelangt er als Unbekannter in ein neues Dorf, taucht in der Zeitung wieder ein Artikel über das »Stausee-Inferno« auf, mit einem Foto von ihm, dem Getriebenen. Jemand will verhindern, dass die Ereignisse vergessen werden. Jetzt lebt er einsam und geächtet in einem Dorf an der Küste. Da tauchen rätselhafte Besucher auf. Nach einem erneuten dramatischen Ereignis wird die Vergangenheit aufgerollt, und die tatsächlichen Geschehnisse am Stausee werden Stück für Stück aufgedeckt. Am Ende ist alles anders, als es schien. [© Text und Bild: Unionsverlag]

Das Buch beginnt mit dem Ende der Tragödie: alles was unter dem Stausee lag ist vernichtet und der elfjährige Sowon wird von der Polizei mitgenommen. Was darauf folgt ist die Geschichte, wie es dazu kam, und es war natürlich nicht so wie es auf den ersten Blick aussieht…

Erzählt werden die Geschehnisse aus den Perspektiven von fünf beteiligten Personen: der des Jungen Sowon, seines Vaters, dem „Stausee-Monster”, seiner Mutter, eines Kollegen und Freund und des Besitzes der Ländereien am See. Hin und wieder wird von der Zeit vor der Katastrophe zu der Zeit danach gewechselt, wobei die Konsequenzen vor allem für Sowon erzählt werden, der überall als Sohn des Monsters geächtet wird und ein haltloses Dasein fristet.

Die Spannung baut sich hauptsächlich aus dem psychologischen Zusammenspiel der Protagonisten auf. Akribisch und komplex charakterisiert die Autorin die Hauptpersonen, wobei auch immer wieder familiäre Gewalt eine Rolle spielt. Sie lässt sich für die Beschreibungen Zeit, was dem einen oder anderen Leser vielleicht zu langatmig vorkommen mag, ich habe mich aber nie gelangweilt. Und das Finale Furioso ist durchaus actionreich.

Dieses Buch ist mein erster Thriller aus Korea, und daher fragte ich mich, ob es nicht zu exotisch sein wird. Die Namen sind zwar etwas gewöhnungsbedürftig, ich hatte dennoch keine Schwierigkeiten zu verstehen, um wen es geht. Als kleine Hilfe ist vorne eine Liste mit den wichtigsten Personen aufgeführt. Man merkt schon, dass diese aus einem anderen Kulturkreis stammen, aber ich finde das macht die Geschichte eher noch interessanter.

Noch ein Hinweis: am Ende des Buches ist eine Karte von dem Gebiet um den Stausee enthalten. Die macht es einfacher, sich die beschriebene Umgebung vorzustellen.

 

Persönliches Fazit

Jeong Yu-jeong hat ein bedrückendes Kammerspiel erschaffen, das sehr stark von psychologischen Facetten geprägt ist. Die beklemmende Atmosphäre, die sie durch die komplexe Charakterisierung der Protagonisten und den düsteren und nebligen Ort erreicht, hat mich sehr gefesselt.

© Rezension: 2015, Marcus Kufner

 

Sieben Jahre Nacht
Jeong Yu-jeong (Aus dem Koreanischen von Kyong-Hae Flügel)
Thriller
Unionsverlag - ISBN: 9783293004948
2015
broschiert, 528 Seiten
2 comments

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2 comments

Mareike Dietzel 3. Oktober 2015 - 18:02

Das klingt nach einem ungewöhnlichen Buch – das ich mir fast direkt als Film wünschen würde 🙂
Liebe Grüße
Mareike

Reply
Marcus 4. Oktober 2015 - 7:43

Hallo Mareike,
das kann ich mir auch gut vorstellen. Wer kä

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