Verlage im Rampenlicht: der zu Klampen! Verlag

by Jürgen Fottner
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Herzlich willkommen zu unserer Rubrik Verlage im Rampenlicht. In dieser Reihe stellen wir euch spannende, unabhängige Verlage vor, die mit viel Herzblut und Kreativität die Literaturlandschaft bereichern. Gerade diese kleinen Verlage haben es oft schwer, sich im großen Markt zu behaupten, und verdienen daher unsere besondere Aufmerksamkeit und Unterstützung.

Heute haben wir die Ehre, den zu Klampen! Verlag zu interviewen. Wir freuen uns, einen Blick hinter die Kulissen werfen zu dürfen und mehr über die Menschen und Geschichten zu erfahren, die diesen Verlag einzigartig machen. Viel Spaß beim Lesen!

  • Stell dich und den zu Klampen! Verlag kurz vor. Wie bist du zur Verlagswelt gekommen? Seit wann gibt es den Verlag, und wie viele Bücher erscheinen pro Jahr?

Dietrich zu Klampen auf der Leipziger Buchmesse 2023

Dietrich zu Klampen auf der Leipziger Buchmesse 2023

Ich bin Dietrich zu Klampen, Verleger des zu Klampen! Verlags. Gegründet haben Rolf Johannes, Gerhard Schweppenhäuser und ich den Verlag 1983, als wir noch Studenten der Pädagogik und Philosophie in Hamburg und Lüneburg waren. Ein wenig übermütig dachten wir, dass die Dinge, die wir in der Hochschule lernten, publiziert gehörten – und das wollten wir selbst tun. Gerhard Schweppenhäuser schied bald aus, um eine Universitätslaufbahn einzuschlagen, er ist dem Verlag bis heute als Herausgeber der »Zeitschrift für kritische Theorie« verbunden geblieben.

Mein Kompagnon und ich machten unverdrossen weiter. Es war ein Freundschaftsprojekt und ist es bis heute geblieben. Im Laufe der Jahre haben wir unser Programm ausgeweitet – mit der Publikation von Werken der kritischen Theorie allein hätte der Verlag schon lange dichtgemacht. Heute umfasst unser Programm Sachbücher und Essays aus den Bereichen Philosophie, Gesellschaftstheorie, (Zeit-)Geschichte, Kunst und Politik sowie Regionalia. Wir veröffentlichen fünfzehn bis zwanzig Titel im Jahr.

  • Was macht euren Verlag einzigartig? Gibt es einen bestimmten Schwerpunkt oder eine Philosophie, die ihr verfolgt?

Wir haben uns dem Geist der Aufklärung verschrieben, und das spiegelt sich in allem wider, was wir tun. Der Weltverbesserungseifer verblasst in 41 Jahren Verlagstätigkeit, die aufklärerische Überzeugung aber, dass das bessere Argument und nicht die gerade passende Gesinnung zählt, ist geblieben.

  • Welche Herausforderungen begegnen einem kleinen und unabhängigen Verlag im Vergleich zu größeren Verlagen bzw. Verlagsgruppen?

Als unabhängiger Verlag haben wir im Vergleich zu den größeren Verlagen einige Freiheiten. Während Großverlage unter dem Druck stehen, Besteller zu produzieren, die eine breite Zielgruppe erreichen, haben wir eine Nische gefunden, in der wir bisher noch immer wieder Überraschungserfolge mit Büchern haben, die es uns ermöglichen, mit unserer Verlagsarbeit weiterzumachen. Mit den Großverlagen tauschen möchten wir nicht, aber natürlich fehlen uns ihre hohen Marketingbudgets und festen Vertriebskanäle, um präsenter auf dem Buchmarkt zu sein. Die Sichtbarkeit der kleinen Verlage geht zurück, leider!

  • Welche Maßnahmen aus der Politik und den Branchenverbänden sind aus Deiner Sicht sinnvoll und vor allem notwendig?

Eine Projektförderung allein reicht schon nicht mehr aus. Wer die Vielfalt auf dem Buchmarkt erhalten will, wird um eine institutionelle Förderung nicht herumkommen. Die Politik hat in den letzten Jahren bereits Maßnahmen ergriffen, um die Buchbranche zu unterstützen – darunter Förderprogramme für Verlage und Buchhandlungen. In diesem Jahr dürfen wir uns zu den Preisträgern des Deutschen Verlagspreises zählen – das Preisgeld könnte zu keinem besseren Zeitpunkt kommen, da wir unseren Internetauftritt erneuern wollen. Tja, wie gewonnen, so zerronnen.

  • Gibt es ein Buch oder eine Veröffentlichung, auf die du besonders stolz bist? Was macht es so besonders für dich?

Eine Auswahl zu treffen, ist natürlich schwer. Als Tennisspieler hat mich die Publikation der deutschen Übersetzung von Brad Gilberts »Winning Ugly« über die mentale Kriegsführung im Tennis begeistert. Das Buch gehörte über Jahre zu unseren »Bestsellern«. Vor einigen Jahren lief allerdings die Lizenz aus und konnte nicht erneuert werden.

Dankbar bin ich dafür, dass wir im letzten Jahr mit dem vierten Band die »Verloschene Lichter«-Reihe von Mordechai Strigler in der deutschen Erstausgabe abschließen durften. Strigler hat im Nationalsozialismus die Internierung in zwölf Lagern überlebt und bereits kurz nach seiner Befreiung begonnen, seine Erfahrungen aufzuschreiben. Erfahrungsberichte von Überlebenden sind die Basis aller Aufklärung über den Nationalsozialismus.

  • Wie bzw. nach welchen Kriterien wählt ihr im Verlag die Bücher und Autor*innen aus?

Wir suchen nach Themen und Ideen, die den Geist der Aufklärung fördern und zum kritischen Denken anregen. Meist sind es Bücher, die wir selbst gern lesen, Themen, zu denen wir uns informieren wollen.

  • Was war bisher der größte Erfolg und die größte Herausforderung in der Geschichte des zu Klampen! Verlags?

Dass wir in den 41 Jahren nicht untergegangen sind, darüber freue ich mich am meisten. Allerdings ist das nicht unser Verdienst, sondern vermutlich tatsächlich Glück. Und das liegt ja bekanntlich bei den Doofen …

Eine herausfordernde Erfahrung war, dass zu Beginn der Corona-Krise über zwei Wochen keine einzige Bestellung bei uns eintrudelte – und dann am Jahresende besonders viele anspruchsvolle Sachbücher bestellt wurden. Verstehe, wer will.

  • Wie sieht dein Arbeitsalltag im Verlag aus? Gibt es Aufgaben, die du besonders gerne machst?

Am liebsten rege ich Buchprojekte an. Das ist bei einem Verleger naheliegend. Es ist spannend, sich von den kompetentesten und erfahrensten Menschen Fragen beantworten zu lassen, die einen selbst umtreiben. Großartig!

  • Wie geht ihr mit dem Wandel in der Verlagsbranche um, insbesondere mit der Digitalisierung und dem E-Book-Markt?

Der Wandel in der Verlagsbranche, insbesondere die Digitalisierung, stellt uns alle vor neue Herausforderungen. Bereits 2009, also lange, bevor sich das E-Book als Format durchgesetzt hatte, erschien bei uns mit Volker Hagedorns Kolumnenband »Der Wolkenkoffer« eine der ersten E-Book-Apps. Fast jedes Buch, das heute bei uns veröffentlicht wird, ist auch in den gängigen digitalen Formaten verfügbar. Auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse war das alles beherrschende Thema der Einsatz von KI. Eine Entwicklung, die wir interessant finden und die Chancen bietet, uns aber auch Respekt einflößt. Wir sind dankbar, dass wir in all diesen Angelegenheiten stets auf die Unterstützung unserer langjährigen Partnerinnen und Partner in der Branche zählen können, die uns mit Rat und Tat zur Seite stehen.

  • Welche Rolle spielt der direkte Kontakt zu den Leser*innen?

Der Kontakt zu unseren Leserinnen und Lesern ist eine Herzensangelegenheit. Da wird es persönlich, da bekommt man direktes Feedback und manchmal auch die eine oder andere Lehrstunde. Für uns ist dieser Austausch bereichernd, auch wenn er natürlich im Tagesgeschäft wenig Raum einnimmt und sich eher auf die Messen und Lesungen konzentriert.

Weihnachtsessen zu Klampen Verlag 2022

Weihnachtsessen zu Klampen! Verlag 2022

  • Wie sehr helfen dem zu Klampen! Verlag die sozialen Medien? Ist das ein echter Mehrwert?

Ich bin immer wieder überrascht, wie oft wir auf unseren Social-Media-Auftritt angesprochen werden. Darüber freuen wir uns natürlich sehr, denn die sozialen Medien sind eine Möglichkeit für uns, mit unseren Leserinnen und Lesern in Kontakt zu treten und ihnen einen Blick hinter die Kulissen zu zeigen. Über eine Rücklaufkontrolle, ob wir durch die Präsenz in den sozialen Medien auch nur ein einziges Buch verkaufen, verfügen wir allerdings nicht.

  • Hast du einen Tipp für angehende Autor*innen, die gerne bei einem unabhängigen Verlag veröffentlicht werden möchten?

Ein Tipp? Na ja, vor allem: hartnäckig bleiben. In jedem Fall schadet Recherche zum Verlagsprogramm nicht. Eine mathematische Formelsammlung wird am ehesten in einem Fachverlag für Mathematik Anklang finden und nicht in einem Astrologieverlag. Alles in allem finde ich es erstaunlich, wie viele und wie viele gute Manuskripte wir angeboten bekommen.

  • Wie wichtig sind Veranstaltungen wie Buchmessen und Lesungen?

Enorm wichtig. In Zeiten, in denen sich die Kommunikation größtenteils ins Digitale verlagert hat, sind persönliche Begegnungen umso entscheidender geworden. Für unsere Autorinnen und Autoren sind Lesungen eine Möglichkeit, sich direkt mit ihren Leserinnen und Lesern auszutauschen. Bei der Fahrt zur Frankfurter Buchmesse in diesem Jahr habe ich darüber nachgedacht, die wievielte Buchmesse dies für mich ist, die fünfunddreißigste vielleicht? Für uns ist das Hauptziel der Messen die Kontaktpflege zu Autorinnen und Autoren, Rezensentinnen und Rezensenten und natürlich Kolleginnen und Kollegen. In all diesen Jahren haben sich viele Freundschaften entwickelt, die ich nicht missen möchte.

  • Welche Projekte stehen aktuell im zu Klampen! Verlag an? Auf welche Neuerscheinungen dürfen sich die Leser*innen demnächst freuen?

Im kommenden Frühjahr erscheint bei uns mit »Deserteure« die Geschichte der Desertion von der Antike bis zur Gegenwart. Der Autor Rolf Cantzen widmet sich den oftmals schwerwiegenden Gewissensentscheidungen, die hinter dem Akt der Desertion stehen. Ein Thema, das mit dem Ukraine-Krieg wieder erschreckend aktuell geworden ist.

Deserteure wollen nicht töten, sie wollen nicht sterben: Sie verweigern sich dem Krieg. Rolf Cantzen zeigt, wie der Wille zum Überleben und die Kraft des Gewissens zu extremen Entscheidungen führen können und wie militärische Repressionsapparate das zu verhindern versuchen.

  • Wie siehst du die Zukunft der Buchbranche? Wie können kleine Verlage langfristig bestehen? Was müsste bewegt bzw. geändert werden?

Wenn ich das nur wüsste!

  • Möchtest du unseren Leser*innen noch etwas mit auf den Weg geben? Ein persönliches Statement oder eine kleine Botschaft?

Nicht unterkriegen lassen!

Wer mehr über den zu Klampen! Verlag erfahren möchte, kann dies unter folgenden Links tun:

Alle Interviews der Rubrik “Verlage im Rampenlicht” findet ihr hier:

Es ist immer wieder faszinierend, hinter die Kulissen der Verlagswelt zu blicken und die Leidenschaft zu spüren, die in jedem einzelnen Buchprojekt steckt.

Vielen Dank, dass ihr uns und unseren Lesern einen so persönlichen Einblick in eure Arbeit gegeben habt. Wir wünschen euch weiterhin viel Erfolg und freuen uns darauf, noch viele spannende Bücher aus eurem Verlag entdecken zu dürfen!

Euer Team von Bücherkaffee.de

 

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