Rezension : BETA | Rachel Cohn

by Alexandra Stiller
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Die sechzehnjährige Elysia lebt auf einer traumhaft schönen Insel Demesne, die von den Gewässern von Ion umgeben ist. Alles erscheint perfekt hier auf der schönsten und größten Insel des Archipels, selbst die Luft wurde mit Sauerstoff angereichert und Reichtum und Exklusivität ist überall zu spüren. Das Glück der Bewohner ist das Wichtigste, um das es auf Demesne geht. Doch das Glück ist nicht für jeden vorgesehen – zumindest nicht für die Klone. Deren Aufgabe ist es, den Menschen zu dienen, sie zu umsorgen, für deren Unterhaltung zu sorgen. Glück ist auch nicht von Bedeutung für die Klone, denn sie haben keine Gefühle, sie haben keine Seele. Elysia ist ein solcher Klon. Eine Beta-Version aus der Teenager-Kollektion aus Dr. Lusardi’s Labor. Doch Elysia ist anders. Erst will sie es nicht wahrhaben. Aber immer mehr Dinge geschehen, auf die ihr implantierter Chip keine Erklärung hat. Elysia kann fühlen, Elysia ist neugierig und Elysia kann schmecken!

Sie hat, was sie nicht haben soll: Gefühle …
Und noch schlimmer: Sie hat Erinnerungen an ihre First, dem Mädchen, vom dem sie geklont wurde. Für einen Klon bedeutet so etwas der sichere Tod. Sie muss schnell handeln!

Rachel Cohn, die schon mit vielen Jugendbüchern – unter anderem ” Dash & Lilys Winterwunder” (zusammen mit David Levithan) und „Nick & Norah – Soundtrack einer Nacht” (ebenfalls zusammen mit David Levithan ) – große Erfolge erzieht hat und auch schon für den deutschen Jugendliteraturpreis nominiert wurde, legt nun mit “BETA” den ersten Teil einer Jugendbuch-Dystopie vor, der erfrischend neu in seiner Thematik ist.

Dystopien sind ein mittlerweile lang andauernder Trend und viele Bücher, die in diese Richtung gehen, kommen auf den Markt. Da kann das Rad zwangsläufig nicht neu erfunden werden und so weist auch Beta die typischen dystopischen Merkmale auf. Aber Rachel Cohn hat eine Besonderheit einfließen lassen, die dieser Dystopie etwas ganz Individuelles verleiht – Exotik. Hier trifft Exotik auf Dystopie. Die Welt hat die Water Wars überstehen müssen, aber auf Demesne interessiert das alles nicht. Hier haben die Reichen einen Platz erschaffen, der sich abhebt. Eine exotische Insel, die nach düsteren Zeiten voller Glanz erstrahlt. Aber nicht alles, was glänzt, ist auch gleich gut. Auch Demesne hat seine großen und düsteren Geheimnisse. Und es brodelt ….

Erzählt wird die Geschichte aus Sicht des jungen Teenager-Klons Elysia. Diese Erzählweise ist sehr schön gewählt, denn so bekommt der Leser quasi hautnah ihren inneren Kampf mit, den sie keinesfalls nach aussen zeigen darf. Elysia hat Gefühle, hat Emotionen und Gedanken, die sie gar nicht haben darf, theoretisch gar nicht haben kann, und auch sie weiss, dass dies niemand erfahren darf. Nach aussen zeigt sie sich emotionslos und tut soweit, was man von ihr verlangt. Aber nach einer Weile fängt sie an, die Dinge immer mehr zu hinterfragen und erlangt dabei erschreckende Erkenntnisse.  Ihre Persönlichkeit ist daher meines Erachtens optimal dargestellt. Sie durchlebt einen Lernprozess und muss logisches Denken ebenso erlernen wie den richtigen Umgang mit ihren Gefühlen. Die Inselbewohner werden als sehr oberflächlich und arrogant dargestellt und unterstreichen damit die Arroganz des ganzen Inselprojekts. Das Verhalten der jugendlichen Inselbewohner zeigt auf, dass dauernde Langeweile und fehlende Hobbys stumpfsinnig machen können. Keiner der Jugendlichen muss auch nur einen Handgriff im Haushalt machen oder sonst einer Arbeit nachgehen. Sie sind nicht ausgelastet, sind aufmüpfig und ziellos und geben sich völlig dem Müßiggang hin. Dies sollte zum Nachdenken anregen. Auch der massive Drogenkonsum der Jugendlichen. Hier muss kritisiert werden, dass es die Autorin schlichtweg versäumt hat, die Botschaft dazu an die Leser mitzuliefern. Sie hätte besser darauf eingehen sollen, wie negativ sich Drogen auswirken. Drogen ist ein grosses Thema und verharmlosen muss und sollte man das auch nicht – aber eine warnende Botschaft hätte ich mir hier wirklich sehr gewünscht.

Sprachlich gesehen hat sich Rachel Cohn sehr auf ihre jugendliche Zielgruppe eingestellt. Lt. Verlag ist der Roman ab 13 Jahren geeignet und die Geschichte ist sehr leicht, verständlich und Jugendsprachlich geschrieben und wirkt daher auf die Zielgruppe ansprechend. Der Spannungsbogen wird in diesem ersten Teil der Quadrologie noch recht flach gehalten. Zu Beginn erwartet den Leser viel Neues und man liest rasch weiter, weil man neugierig geworden ist. Ab der Mitte verläuft die Geschichte dann ruhiger, ja fast gemächlich weiter. Aber durchaus nicht langweilig. Hier wird wohl viel Vorarbeit für die folgenden Teile geleistet. Das Ende kommt dann überraschend und hält nochmal einige spannende Aspekte und eine überraschende Wendung der Geschehnisse bereit.

Rachel Cohn ist mit “Beta” ein ansprechender Einstieg in eine dystopische Quadrologie für junge Leser gelungen. Die Autorin passt sich in Sprache und Ausdruck ihrer jungen Zielgruppe an und nimmt sie mit auf eine sehr exotische und doch gefährliche und düstere Reise.
Trotz kleinerer Schwächen hat mir Beta sehr gut gefallen und ich fühlte mich gut unterhalten. Einzig für das Thema Drogen muss ich dem Buch Abzug geben. Hier hat die Autorin schlichtweg die mahnende Botschaft an ihre Leser versäumt, ging in meinen Augen etwas zu flapsig mit dem Thema um. Ansonsten ist dies ein gelungener Auftakt und ich bin auf den nächsten Teil gespannt, in dem sich auch sicher die Spannung steigern wird.

© Rezension: Alexandra Zylenas

Über die Autorin:

Rachel Cohn ist seit Jahren eine renommierte Autorin für Jugendbücher und hat bereits zahlreiche erfolgreiche Romane veröffentlicht. Unter anderem schrieb sie gemeinsam mit David Levithan „Nick & Norah – Soundtrack einer Nacht” (nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis). Sie hat keine Hobbies, es sei denn, man zählt die Suche nach dem perfekten Cappuccino darunter. Und sie verbringt viel Zeit damit, ihre Musiksammlung und ihre Bücher zu sortieren, oder mit ihren beiden Katzen Bunk und McNulty herumzuhängen.

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Nanni 5. Februar 2013 - 6:30

Sehr schöne Rezi 🙂
Ich bin schon sehr gespannt auf die nächsten Teile und darauf ob es Rachel Cohn gelingt Spannung und den großen Anteil an überraschenden Handlungen zu halten.
LG Nanni

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