Eine bewegende Geschichte von Elif Shafak: Das Flüstern der Feigenbäume

Es gibt Autor*innen, die in der Lage sind, uns mit ihren Worten in eine andere Welt zu entführen. Elif Shafak gehört für mich zweifellos zu dieser Kategorie. Ihre Geschichten sind so einfühlsam und bewegend geschrieben, dass man alles um sich herum vergisst. Besonders beeindruckt mich ihre bildhafte und blumige Sprache, die alle Sinne anspricht und tief berührt.

Die verbotene Liebe auf Zypern

In ihrem aktuellen Roman Das Flüstern der Feigenbäume schildert Elif Shafak die schwierige Liebe zwischen der Türkin Defne und dem Griechen Kostas auf der geteilten Insel Zypern. Ihre Verbindung wird nicht geduldet, sodass sie sich heimlich in der Taverne „Die glückliche Feige“ treffen, die von dem Paar Yiorgos und Yusuf geführt wird. Nur der prächtige Feigenbaum im Innenhof kennt ihr Geheimnis. Doch als der Bürgerkrieg ausbricht, verlieren sie sich…

Die Suche nach den Wurzeln

Jahre später lebt Kostas mit seiner 16-jährigen Tochter Ada in London. Ada wächst in einem Schweigen auf, das die Vergangenheit umgibt. Ihr Vater weigert sich, über die Familie und das Leben in Zypern zu sprechen. Stattdessen verbringt er viel Zeit im Garten, wo er einen Feigenbaum hegt und pflegt, als wäre dieser seine letzte Verbindung zur Heimat. Erst als ihre Tante Meryem plötzlich zu Besuch kommt, beginnt Ada, die Geheimnisse ihrer Familie zu entdecken.

Wer seine Heimat verlässt und ins Unbekannte zieht, macht dort nicht nahtlos weiter wie zuvor. Ein Teil von einem stirbt innerlich ab, damit ein anderer Teil neu beginnen kann.

Eine außergewöhnliche Erzählperspektive

Besonders faszinierend finde ich die nicht-menschliche Perspektive, die Elif Shafak in ihrem Roman “Das Flüstern der Feigenbäume” verwendet. Der Feigenbaum selbst erhält eine gewichtige Stimme und wird zum Symbol für Entwurzelung, Heimat und das Erinnern sowie Vergessen. Diese ungewöhnliche Erzählweise verleiht der Geschichte eine besondere Tiefe und Sensibilität.

Ein Roman voller Poesie und Melancholie

*Das Flüstern der Feigenbäume* ist eine tragisch-schöne Geschichte über Liebe, Toleranz und Loyalität, die von Elif Shafak mit einer feinen Melancholie durchzogen wird. Die vielschichtige Erzählweise zeigt auf, wie tiefgreifend Kriege die Menschen und ihre nachfolgenden Generationen prägen können. Die gelungene Übersetzung von Michaela Grabinger bringt die poetische Sprache und die tiefgründigen Themen wunderbar zur Geltung.

Ich kann gar nicht anders, als ins Schwärmen zu geraten. Elif Shafak hat es wieder einmal geschafft, mich vollkommen zu verzaubern. Dieser Roman ist mehr als nur lesenswert – er ist ein Meisterwerk der Literatur.

Fazit: Eine kluge und poetische Geschichte

Wer auf der Suche nach einem Roman ist, der nicht nur unterhält, sondern auch tief bewegt und zum Nachdenken anregt, dem sei *Das Flüstern der Feigenbäume* von Elif Shafak wärmstens empfohlen. Mit ihrer poetischen Sprache und den tiefgründigen Themen schafft sie es, eine Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Liebe und Verlust, Heimat und Entwurzelung herzustellen. Sehr lesenswert!

2024, Alexandra Stiller
Transparenzhinweis: Das Buch wurde selbstgekauft.