Die Frage nach dem Sinn des Daseins.
Was für ein faszinierendes Science-Fiction-Szenario: die Welt ist hauptsächlich von Androiden bevölkert – allerdings leben auch noch Menschen unter ihnen. Die letzten Überlebenden der ursprünglichen Erschaffer spielen allerdings kaum noch eine Rolle. Die Roboter können sich bereits selbst vermehren und haben längst die Kontrolle übernommen. Die Menschen werden gerade so geduldet.
Ist es nicht interessant, wie schnell wir einer Maschine ein Bewusstsein zugestehen, wenn sie einen Namen hat? Der Roboter „Mr. Sapien” lernt die Asimovs kennen, um die es im Roman hauptsächlich geht. In Rückblenden erfahren wir wie es kam, dass diese Androidenfamilie ein menschliches Kind aufgenommen und großgezogen hat. Dass eine solche Konstellation Probleme mit sich bringt, ist naheliegend. Entscheidend dafür ist, dass die Maschinen über eine komplexe emotionale Bandbreite verfügen. Sie streben sehr danach, dem Menschen ähnlich zu sein, obwohl sie sie eigentlich für minderwertig halten.
„So zerbrechlich, diese Bioformen. So nutzlos.” (S. 147)
Sie bemessen dem menschlichen Leben keinen Wert bei. Einen davon umzubringen ist für die meisten keine große Sache. Klar, denke ich da, sind ja Maschinen. Ich muss aber doch nur die Nachrichten einschalten, um zu erkennen, dass es zu viele Menschen gibt, die das auch so sehen. Ariel S. Winter hält uns hier sehr treffend den Spiegel vor.
Eigentlich sind die Androiden für die Ewigkeit gebaut, die neueren Modelle sind nahezu unzerstörbar. Und doch sterben immer wieder welche. Sie lassen sich einfach abschalten, weil sie sich nicht mehr als nützlich empfinden. Die Neuen können ja so viel mehr, da räumen sie freiwillig das Feld. Deprimierte Roboter? Maschinen, die verzweifelt den Sinn ihres Daseins suchen? Klingt kurios und ist doch auch eine distanzierte Betrachtung des Menschen. Ist es wirklich erstrebenswert, das ewige Leben zu erreichen oder macht nicht gerade das Bewusstsein des Sterbens den Wert des Lebens aus? Diese und andere moralischen Fragen drängen sich bei der Lektüre des Romans auf.
Die Atmosphäre des Buchs ist sehr gelungen. Von Beginn an ist diese neue Welt für mich glaubhaft und nachvollziehbar. Durch die Emotionen erhalten die Androiden einen starken Charakter. Das weckt bei mir wiederum Sympathie und Antipathie. Sogar Liebe hat in diesem Zukunftsszenario noch Platz.
Persönliches Fazit
„Mr. Sapien träumt vom Menschsein” bietet ein sehr glaubhaftes Science-Fiction-Szenario mit vielen Emotionen und starken, hauptsächlich androiden Charakteren. Trotz seiner unkomplizierten Schreibweise wirft der Roman tiefgründige Fragen auf. Ich habe das Buch geradezu verschlungen.
© Rezension: 2016, Marcus Kufner
Roman
Droemer Knaur Verlag - ISBN: 9783426519325
2016
broschiert, 240 Seiten