Rezension – Schwarze Schwestern

by Alexandra Stiller
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Sisi, Efe, Ama und Joyce – vier nigerianische junge Frauen – zusammengeführt durch das Schicksal des Lebens. Jede der vier Frauen leidet unter ihrer persönlichen, tragischen Lebenserfahrung und sie haben nur einen sehnlichsten Wunsch: Sie möchten ihrem Land den Rücken kehren und im Ausland eine Chance auf ein besseres Leben finden. Denn trotz größter Bemühungen  sehen sie keine Zukunft in ihrem Land. Sie bekommen trotz sehr guter Schulausbildung keinen Job, sie werden missbraucht oder werden Opfer von Rebellen-Angriffen und müssen ihrem bisherigen Leben Hals über Kopf entfliehen.

In ihrer größten Verzweiflung treffen die Frauen unabhängig voneinander auf ein und denselben Mann, den monströsen Oga Dele. Dele ist das Band zwischen den vier Frauen. Dele verspricht Ihnen ein besseres Leben im gelobten Europa, wenn sie nur eine Weile lang hart dafür arbeiten. Er organisiert den Frauen die Reise, streckt das teure Geld vor, dass sie in raten an ihn zurückzahlen müssen und steckt sie in ein Flugzeug nach Antwerpen, Belgien.

Obwohl die Frauen teils wissen, teils ahnen, auf was sie sich mit dieser Reise einlassen, trifft sie die Realität doch wie ein Schlag ins Gesicht: Sie landen als Prostituierte im anonymen Rotlichtviertel von Antwerpen und müssen von nun ab Abend für Abend unter der Aufsicht einer herrischen Madam ihren Körper billig verkaufen. Der plötzliche Tod von Sisi reißt Efe, Ama und Joyce aus ihrer Lethargie und sie beginnen, ihre Verschlossenheit über Bord zu werfen und sich gegenseitig anzuvertrauen. Sie kommen sich näher. Denn eine bittere Frage quält sie: Wurde Sisi ermordet? Und warum?

Chika Unigwe legt mit “Schwarze Schwestern” einen ernsten und auch gesellschaftskritschen Roman vor, der den Leser nachdenklich stimmt und sehr bewegt.  Das Buch ist in zwei Handlungstränge geteilt, die dem Leser immer abwechselnd präsentiert werden. Zum einen erfahren wir die komplette Geschichte um die verstorbene Sisi. Diese Kapitel sind auch mit der Überschrift “Sisi” gekennzeichnet.  Zum anderen befindet sich der Leser in jedem zweiten Kapitel  in der “Strasse der schwarzen Schwestern”  Dieser Handlungstrang gewährt  Einblicke in die Gefühlswelt der drei weiteren Frauen Efe, Ama und Joyce. Ihre Lebensgeschichten werden abwechselnd erzählt.  Sisi ist eher eine Einzelgängerin, die sich den anderen Frauen nicht anvertraute und versuchte, Ihren Weg zu finden. Die sich zuletzt so weit in ihre Fantasiewelt zurückzog, um der Realität entfliehen zu können und ihre Träume in ihren Fantasiedarstellungen , wie zum Beispiel der reichen Touristin, auszuleben. Sie hate aber nicht den Glauben an die Liebe verloren und ihre Ganze Hoffnung für ihre Zukunft liegt bis zuletzt bei Luc, der sie tatsächlich so zu lieben scheint, wie ist ist.

Dazwischen Efe, Ama und Joyce, die versuchen, mit der Nachricht über Sisis Tod umzugehen und sich auf diese Weise plötzlich der Verbindung zwischen Ihnen klar werden. Dass sie nicht nur nebeneinander her leben sollten, sondern auch endlich füreinander da sein sollten – denn sie ziehen alle am gleichen Strang. Sisis Tod lehrt sie, sich zu öffnen, zu ihrer Vergangenheit und auch zu ihrer gegenwärtigen Situation zu stehen. Die Frauen lernen, sich den anderen anzuvertrauen – zum ersten Mal, seit sie zusammenleben, erzählen sie ihre Schicksale, die sie zuletzt nach Antwerpen brachten.  Sie reden über Ihre Träume und Hoffnungen.

Diese Schicksale stimmen den Leser sehr nachdenklich, man trauert mit den Frauen mit und denkt viel über die jeweiligen Situationen nach. Situationen, die sich auch in der realen Welt immer und immer wiederholen. Denn diese bewegenden vier Schicksale sind die Schicksale so vieler Frauen, die Nacht für Nacht in den Bordellen dieser Welt ihren Körper verkaufen und verzweifelt versuchen, ihre Würde und ihren Stolz nicht zu verlieren.  Frauen, die unter schlimmen Verhältnissen aufwuchsen und Träume haben von einer besseren Welt.

Europa, Amerika…eine Welt voller Reichtum und ungeahnten Möglichkeiten – da kann es nur besser werden. Und so lassen sie sich aus dem Land schleusen, der neuen Hoffnung entgegen. Weg von Terror, Rebellengewalt und Armut.  Für den Leser fast unvorstellbar, was sie über sich ergehen lassen müssen. Denn die Freiheit lässt lange auf sich warten, auch wenn sie nun in einem anderen Land sind. Denn die muss ja erst mit jahrelangen Rückzahlungen an die Schleuser erkauft werden. Viele Jahre weiterer Demütigungen. Und dabei bleibt nicht viel Erspartes übrig.  Chika Unigwe schafft es, dem Leser die Schwere und Ernsthaftigkeit des Themas zu vermitteln, ihn zum nachdenken zu bringen , aber er wird nicht erschlagen von der Geschichte.

Eine wahrlich empfehlenswerte Lektüre über Schicksal und Hoffnung, über Arm und Reich, über Liebe und Trauer… Eine ergreifende Geschichte, die auch mich sehr zum Nachdenken anregte, da dieser Roman so sehr das tatsächliche tägliche Leben vieler Frauen wiederspiegelt, die weder eine Chance noch eine Wahl haben.  Man sollte sich auf jeden Fall Zeit zum lesen dieses Buches nehmen, denn nur dann kann man sich in die Gedanken und Gefühle der vier Frauen hineinversetzen.  Ein Roman, der aufrüttelt!

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Bookaddicted 1. März 2012 - 8:18

Huhu, du verfolgst mich über Google Friend Connect, danke! Leider wird diese Funktion für nicht bei Google gehostete Blogs bald eingestellt. Vielleicht magst du mich über Facebook verfolgen? Würde mich freuen! Hier der Link: http://www.facebook.com/pages/Bookaddicted/362473090431732 LG, Katharina

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