Rezension | Die Corleones | Ed Falco

by Alexandra Stiller
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“Als ich ein kleiner Junge war, sind Männer gekommen und haben meinen Vater umgebracht. Als mein Bruder Rache schwor, haben sie ihn ebenfalls ermordet. Als meine Mutter um mein Leben flehte, haben sie auch sie getötet.
Und dann haben sie Jagd auf mich gemacht.”
Und dann haben sie Jagd auf mich gemacht.”
Seite 295

 

New York im Jahre 1933

Vito Corleone, oder besser bekannt als Don Corleone sichert sich seinen Platz im New Yorker Mafia-Milleu. Die Verhältnisse unter den Familien sind sehr angespannt, da die Aufhebung der Prohibition kurz bevor steht und ein jeder Don sich Gedanken macht, wie dann seine Stellung sein wird.

Vitos größtes Anliegen ist es, seine Familie zu beschützen und seine Freunde zu unterstützen, wo er nur kann. Seine Weisheit und seine Ruhe, die er ausstrahlt, machen aus ihm einen bedächtigen Geschäftsmann und hervorragenden Don. Doch er muss sich skrupellosen Mächten entgegenstellen. Die derzeit stärkste Organisation in New York wird von dem brutalen Mariposa angeführt, der vor nichts zurückschreckt, um seine Ziele zu erreichen. Und Corleone steht im mächtig im Weg. Mit Hinterlist und Tücke versucht er, diesen aus der Stadt zu verdrängen und stachelt so auch die rachsüchtigen Iren gegen ihn an. Doch das Schicksal spielt Vito einen erstklassigen Bodyguard zu – den ehemaligen Luca Brasi, den “demone!”, wie seine Gegner ihn voller Angst nennen.

Seinen eigenen Kindern lässt Vito einen ganz besonderen Schutz zukommen. Er hat andere Pläne für sie, eine andere Zukunft für sie vorgesehen. Auf keinen Fall sollen sie von seinen Machenschaften erfahren und ehrliche, rechtschaffene Männer werden. Doch sein ältester Sohn Santino – Von allen Sonny genannt – durchkreuzt seine Pläne. Jung und voller übermütigem Tatendrang möchte er in die Mafia-Geschäfte seines Vaters einsteigen. Er weiß auch genau, wie er Vito Corleone davon überzeugen kann …

Vito muss sich fügen und nimmt Sonny in die Schule.
“Santino, Sizilianer vergessen nie, und sie verzeihen auch nie. Das musst du immer im Gedächtnis behalten.”
Seite 426

Wer kennt sie nicht, den Paten Vito Corleone und seine Familie. Eine Legende der Filmgeschichte sind sie quasi schon geworden. Nach dem Drehbuch von Mario Puzo wurde “Der Pate” unter der Regie von Francis Ford Coppola zum großen Kinoerfolg der Geschichte, nicht zuletzt auch dank der nahezu grandiosen schauspielerischen Besetzung wie zB Marlon Brando in der Hauptrolle des Vito Corleone oder Al Pacino als Michael Corleone. Drei Filme sind entstanden, die das aufregende, faszinierende und auch beängstigende Leben der italienischen Mafiafamilie in New York beschreibt. Der Erfolg war unbeschreiblich und so plante Mario Puzzi noch einen vierten Teil, ein Prequel des Paten.

Der erste Teil des Paten war zwar schon immer mit diversen Rückblenden durchzogen, aber dies waren eben nur Momente, Ausschnitte. Der Autor Ed Falco hat nun nach dem bisher unveröffentlichten vierten Drehbuch des verstorbenen Mario Puzo eine Vorgeschichte geschrieben, die dem Leser nun einen ausgeprägteren Einblick in das Leben der Corleones erlaubt.

Die Geschichte beginnt in New York im Jahre 1933, kurz vor dem Ende der Prohibition. Vito Corleone ist noch ein lang nicht so mächtig wie zum ersten Teil des Paten. Als Don regiert er eine kleine Organisation, die sich trotzdem schon gut gefestigt hat. Aber zu diesem Zeitpunkt gibt es ich weitaus Mächtigere in der Stadt wie zum Beispiel Guiseppe Mariposa. Aber Vito hat zu diesem Zeitpunkt auch immer noch das dringende Bedürfnis, seine Familie aus allem herauszuhalten. Für die Familie ist er immer noch “nur” der erfolgreiche Geschäftsmann, der mit seiner Oliven-Manufaktur gutes Geld macht. Aber seine Söhne, voran natürlich Sonny, durchschauen ihn.

Sonny, zu dieser Zeit noch junge siebzehn Jahre alt, ist aufmüpfig, voller Energie und Tatendrang und auch immer wieder sehr jähzornig. Er tut sich schwer, mit seiner Meinung hinterm Berg zu halten, sich selbst zurückzuhalten. Er spiegelt hier das genaue Gegenteil zu seinem Vater Vito wieder, der fast immer ausgesprochen besonnen, ruhig und souverän erscheint. Ein starker Mann, der ein Gespür für die richtigen Entscheidungen hat, der seinen Gegenüber einschätzen kann und jede Tat genauestens überdenkt. Vater und Sohn mussten sich wirklich zusammenraufen und mehr als einmal raubt Sonny Vito und auch seinem Lehrer Clemenza fast den letzten Nerv. Aber Sonnys Weg ist nun klar, er steigt in die Geschäfte seines Vaters ein.

“Ich stutze ihn schon zurecht”, sagte Clemenza. “Er hat ein gutes Herz, er ist stark, und er ist dein Sohn.”
[…] “ich werde ihn im Auge behalten. Und ihm alles beibringen, was es braucht.”
Seite 293

Der Leser erfährt nun auch, wie Vito Corleone zu seinem treuen Leibwächter Luca Brasi kam. Im Jahre 1933 war dieser noch ein erbitterter Gegner von Vito und er war unter allen nur bekannt als der demone! In sein zu dieser Zeit von Gewalt, Drogen und Tabletten dominiertes Leben bekommt man einen sehr ausführlichen Einblick und versteht nun die Zusammenhänge und wie diese unerschütterliche Treue zustande kam.

Interessant ist nun auch der Rückblick, wie eigentlich Tom Hagen, der spätere Anwalt der Corleones, ein Mitglied dieser Mafia-Familie wurde. Die Vorgeschichte dieses Mafia-Epos ist sehr ausführlich beschrieben und so wird man schon nach wenigen Seiten regelrecht in das New York der dreißiger Jahre gezogen und erlebt fast hautnah diese zu dieser Zeit fast explosiv aufgeladene Stimmung zwischen den italienischen Familien und natürlich auch den Iren, die aus ihrem Revier vertrieben wurden und nun alles dafür geben würden, eine passende Gelegenheit für Rache zu erhalten. Da dieser Roman auf Grundlage eines Drehbuches geschrieben wurde, fallen die örtlichen Beschreibungen und auch die charakteristische Darstellungen sehr ausführlich aus und man bekommt fast ständig ein klares Bild der Geschehnisse vor Augen geliefert. Ob Kleidung, Autos, die Umgebung dieser Zeit… man bekommt fast das Gefühl, als würde man einen Film schauen.

 

Persönliches Fazit

Ed Falco hat mit seiner Vorgeschichte, die auf Grundlage des nicht veröffentlichten Drehbuches von Mario Puzo entstanden ist, einen wahrlich ebenbürtigen Abschluss der Paten-Geschichten erschaffen. Ich war vollkommen gefesselt und fühlte mich für einige Lesetage nach New York 1933 versetzt. Ich habe mitgefiebert, mitgelitten, mitgeliebt und mich geschaudert aufgrund der zu dieser Zeit fast alltäglichen und auch sehr grausigen Verbrechen. Ich war schon immer ein sehr großer Fan der Filme und habe auch das Buch oft verschlungen und daher war es für mich selbstverständlich, dass ich auch dieses Buch unbedingt lesen muss – und dies bereue ich auf keinen Fall! Ein wirklich überaus gelungener und interessanter Roman voller Atmosphäre. Meine absolute Leseempfehlung für jeden Paten-Fan.

“Sonny”, sagte Vito, “hör mir gut zu: Schreibe nicht, wenn du reden kannst, rede nicht, wenn du mit dem Kopf nicken kannst, und nicke nicht mit dem Kopf, wenn du nicht unbedingt musst.”
Seite 332

 

© Rezension 2013: Alexandra Zylenas

Die Corleones 
Der Pate |  Die Vorgeschichte zu "Der Pate"
Ed Falco | Aus dem Amerikanischen übersetzt von: Hannes Riffel
Klett Cotta Verlag | ISBN13: 978-3-608-93965-1
2012
Gebunden mit Schutzumschlag, 477 Seiten
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