Ein Mädchen zwischen High School und Verbrechen, zwischen Liebe und Verantwortung
Ein kleiner Einblick:
New York, 2083. Anya Balanchine, die junge Tochter des Mafiabosses des berüchtigten Balanchine-Kartells, hat es nicht leicht. Ihre Mutter als auch ihr Vater sind beide Opfer von Attentaten geworden. Anya, so gerade mal sechzehn Jahre alt, kümmert sich seither um ihre jüngere Schwester und ihren älteren Bruder, der mit einem Handicap zu kämpfen hat. Zudem pflegt sie ihre kranke Großmutter, die nur mithilfe von Maschinen weiterlebt. Zu einer Zeit, in der natürliche Ressourcen knapp sind und Alltägliches wie Wasser und Papier rationiert werden, und Dinge wie Schokolade und Kaffee gesetzlich verboten sind, boomt der Schmuggel und die Mafiageschäfte florieren. Anya will damit nichts zu tun haben und hält sich und ihre Geschwister von der kriminellen Familie fern. Nur dem Kaffee und der schokoladigen Sünde kann sie nicht widerstehen, wo doch die Balanchine-Schokolade die beste überhaupt ist.
“Der Geruch von Kaffee war nur schwer loszuwerden, und für mich war er der schönste Duft der Welt.” S. 258
Doch Anya’s Schutzwall bricht, als etwas Tragisches geschieht und die Ereignisse überschlagen sich. Zudem verliebt sie sich in den charmanten Mitschüler Will – eine Liebe, die zum Scheitern verurteilt ist, denn Will ist ausgerechnet der Sohn des Oberstaatsanwaltes, dem größten Feind des Balanchine-Kartells …
Meine Gedanken zu dem Buch:
Die US-Bestsellerautorin Gabrielle Zevin erzielte in den USA schon große Erfolge mit diesem ersten Band der “Birthright”- Trilogie, der im Original unter dem Titel “All These Things I’ve Done” erschienen ist. Diese Reihe wird zwar zum Genre “Dystopie” gezählt, aber davon merkt man nicht so besonders viel. Ich würde eher sagen, die Story ist nur dystopisch angehaucht. Die Story selbst, die Idee, ist in meinen Augen einfach nur gelungen und schon der Klappentext und die Leseprobe hatten mich überzeugt, dieses Buch unbedingt zu lesen und ich wurde bis auf ein paar Kleinigkeiten nicht enttäuscht. Eine dystopische Story mit Mafia-Elementen – da wurden gleich zwei von mir bevorzugte Themen verarbeitet und dies war mir persönlich bisher auch noch nicht bekannt. Als großer Fan der Corleones liebe ich es sehr, wenn solche Mafia-Elemente einen Platz in der Geschichte finden. Und ich muss sagen, dies wurde auch sehr gelungen umgesetzt.
“Bitterzart” lässt es ruhig angehen, die Spannung baut sich eher subtil auf, es wird in diesem ersten Band einiges an “Vorarbeit” für die folgenden Bände geleistet. Man erfährt einiges über den russischen Familienclan, dessen Mitglieder und Hierarchie und Anya’s Rolle innerhalb der Familie. Eine Kette von Ereignissen bringt das sorgsam geschützte Leben von Anya durcheinander und sie muss viele Entscheidungen treffen, nicht zuletzt auch eine sehr Folgenschwere. So sehr sie versucht, nicht mit den Mafia-Geschäften in Verbindung zu geraten, so sehr ist sie doch knietief im Geschehen verstrickt.
Die Hauptprotagonistin Anya ist in ihrer Charakteristik meiner Meinung nach sehr gelungen dargestellt. Ihre Kühle, ihre Unnahbarkeit und ihre Distanziertheit kommen nicht von Ungefähr und lassen sie zwar im ersten Moment kalt und vielleicht auch herzlos dastehen, aber ich konnte nach einiger Zeit eine sehr gute Verbindung zu ihr aufbauen und ihrer Art Verständnis entgegenbringen. Jede andere Darstellung ihres Charakters wäre ihrer Situation / ihrem Lebensumstand unangemessen gewesen. Sie schlägt nach ihrem Vater, dessen Weisheiten ihr heute noch regelmäßig im Kopf sind und dies lässt erahnen, was uns Leser noch erwarten wird. Aber auch die weiteren Personen wie zum Beispiel ihrGroßmutter und Geschwister, ihre beste Freundin oder auch Will und ihr Exfreund Gable bekommen Leben eingehaucht und erscheinen nicht blass neben Anya.
Die Mafia-Elemente sind für ein Jugendbuch sehr gut umgesetzt, starke Brutalität wird vermieden. Erzählt wird die Story von Anya selbst in einer Art und Weise, dass man das Gefühl hat, ihr gegenüber zu sitzen und zu lauschen. Ab und an spricht sie den Leser direkt an, denkt nach, überlegt, was sie noch erzählen möchte. Sie gewährt praktisch einen Einblick in ihr Leben im Kreise der Mafia, dass unfreiwillig spannend wird. Dies ist in meinen Augen sehr gut gelungen. So beginnt auch jede Kapitelüberschrift mit “Ich” – “ich verteidige meine Ehre”, “Ich werde bestraft” oder “Ich beichte” – ganz so, als ob sie ihr Tagebuch unterteilt.
Auch dieser subtile Spannungsaufbau gefällt mir sehr. Gerade einen Mafia-Story lebt davon. Hier muss es nicht Zack, Zack, Schlag auf Schlag gehen, sondern es ist dieses Unterschwellige, dass so fasziniert. Was mir persönlich eindeutig zu kurz kam, sind die dystopischen Elemente. Ressourcen sind knapp, Schokolade und Kaffee verboten. Das erfährt man, aber damit hat es sich auch schon. Gerne hätte ich hier noch mehr Informationen bekommen, etwas mehr Background wäre schön gewesen. Zu viele Fragen blieben hier bisher unbeantwortet. Ich hoffe sehr, im folgenden Band diesbezüglich mehr zu erfahren und bin da auch ganz optimistisch. Natürlich wartet “Bitterzart” auch mit einer romantischen Liebesgeschichte auf, die Anya in eine große Bredouille bringt. Soll sie auf ihr Herz hören? Soll sie vernünftig sein und an ihre Geschwister denken? Anya lernt Will’s Vater, den Oberstaatsanwalt, kennen und erlangt so unfreiwillige Einblicke in die politischen Machenschaften. Mehr Einblick, als ihr eigentlich lieb ist…
“Ob ich mich in diesem Buch zum Helden meiner eigenen Leidensgeschichte entwickeln werde oder ob jemand anders diese Stelle ausfüllen soll, wird sich zeigen.”- Charles Dickens, David Copperfield. S.8
Kurz & gut – mein persönliches Fazit
“Bitterzart”, der Auftakt der “Birthright”- Trilogie, hat mir persönlich im Großen und Ganzen sehr, sehr gut gefallen. Ich liebe Mafia-Geschichten mit subtil aufgebauter Spannung und wurde diesbezüglich auch in keiner Weise enttäuscht. Das Background und der dystopische Part sind jedoch etwas zu kurz gekommen und diesbezüglich sollte in den Folgebänden noch aufgearbeitet werden. Ansonsten ist die Story erfrischend neu und der Erzählstil sehr ansprechend. Ich habe mich wirklich sehr gut unterhalten gefühlt und Lese-Langeweile kam trotz des ruhigen Schreibstils bei mir nicht auf. Ich fiebere der Fortsetzung “Edelherb” sehr entgegen, der im Oktober diesen Jahres schon erscheinen soll.
© Rezension: 2013, Alexandra Zylenas
4 comments
Von mir hat Bitterzart auch 4 Sterne erhalten, war aber kein Monats Highlight 😉
LG, Sandrina
Mir hat das Buch ebenfalls super gut gefallen und ich bin ganz deiner Meinung.
Freue mich schon total auf den 2. Teil.
Liebe Grüße
Vanessa
Hi Alexandra
Ich habe eben meine Rezension zu “Bitterzart” veröffentlicht und schmökere nun ein bisschen in anderen Meinungen … und ja, wir sind sogar anderer Meinung, denn leider hat mich das schokoladige Buch etwas enttäuscht. Habe ich nach der tollen Werbeaktion des Verlags und dem wunderbaren Erscheinungsbild des Buches zu viel erwartet?
Die Grundideen mit dem illegalen Schokoladenhandel fasziniert mich immer noch sehr, doch ich empfand, dass alle Aspekte zu sehr an der Oberfläche blieben.
Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob ich mir “Edelherb” holen werde oder einfach bei unserer Schweizer Schokolade bleibe 😉
lG Favola
Liebe Favola
ich war eigentlich ganz positiv angetan von dem Buch. Ich denke immer noch, dass für ein Jugendbuch die Mafiaelemnete recht ansprechend umgesetzt wurden.
Mir persönlich ist auch aufgefallen, dass ich mich besser auf ein Buch einlassen kann, wenn ich mich vorab nicht so viel damit befasse. Ich habe erst recht spät von diesem Buch erfahren und mir nur die Leseprobe dazu durchgelesen, aber keine FB-Einträge oder Verlagswerbung dazu. Daher bin ich völlig ohne Erwartungen auf die Geschichte zugegangen und vielleicht war gerade dies ausschlaggebend? Ich weiss es nicht …
Der dystopische Part kam etwas zu kurz, das ist wahr. Hier hätte ich auch gerne mehr erfahren. Dafür habe ich auch meinen Abzug gegeben. Ich hoffe und baue darauf, dass hier im zweiten Teil mehr passieren wird.
Aber ansonsten, was soll ich sagen? Mir hat es für ein Jugendbuch gut gefallen. Ich versuche, immer ganz neutral zu bleiben und es auch mit keiner bisher vorhandenen Story zu vergleichen, sprich: jedes Buch als komplett eigenständig anzusehen. Und ich war Zufrieden beim lesen. Ich denke, Altersentsprechend (ab 14) hat es meiner Meinung nach seine Kriterien gut erfüllt.
Schade, dass es dir nicht so zusagte – aber so sind die Geschmäcker verschieden. Und das ist auch gut so, das macht es so lebendig 🙂
Ganz liebe Grüße und danke für deine Meinung *freu
Alexandra