Rezension: Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket | John Boyne

by Alexandra Stiller
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Die Brockets sind eine absolut normale Familie – bis auf Barnaby. Denn der schwebt! Und so gern er es auch lassen würde, es gelingt ihm nicht. An einem schicksalhaften Tag geschieht das Unfassbare: Barnaby schwebt davon, immer weiter, hoch in den Himmel hinein. So beginnt eine magische Reise durch die Welt, in der Barnaby höchst sonderbare Abenteuer erlebt. Er lernt eine Reihe kurioser und liebenswerter Freunde kennen. Und am Ende begreift er, dass er so normal wie seine Eltern gar nicht sein möchte: Er ist froh, anders zu sein.

Meine Gedanken zu dem Buch:

Wenn ein neues Werk des grandiosen Autors John Boyne erscheint, ist es für mich definitiv  eine sehr willkommene Pflicht und Freude, dieses Buch zu lesen, denn seine Werke begeistern mich schlichtweg. So auch diese Kinderbuch-Parabel um die unglaublichen Abenteuer des jungen Barnaby Brocket. Ein Werk, für Kinder als auch für Erwachsene geschrieben und ein jeder kann sich etwas mitnehmen aus diesem Buch. Denn diese Parabel appelliert an unsere Menschlichkeit!

Sein Schreibstil ist wie gewohnt begeisternd und fesselnd. Einmal angefangen zu lesen, mag man das Buch nicht mehr zur Seite legen. Unterstrichen wird die Erzählung immer wieder durch äußerst gelungen Illustrationen des jungen Barnabys, gezeichnet von Oliver Jeffers.

Barnaby ist ein Kind wie jedes andere auch – und doch verfügt er über eine Besonderheit: Barnaby kann seit Geburt an schweben! Doch seine Eltern können diese Besonderheit nicht akzeptieren. Ihnen ist das Auftreten der Familie sehr wichtig. Unauffällig sein um jeden Preis – das ist ihre Devise. ‘Normal’ wollen sie sein und ‘normal’ soll auch Barnaby sein. Doch er kann sein Schweben nicht kontrollieren und seine Eltern schämen sich in Grund und Boden. Seine Geschwister hingegen mögen ihren Bruder sehr und der Familienhund sieht in dem schwebenden Barnaby gleich sein neues Herrchen.

Barnabys Geschwister sind jung und haben sich nicht völlig von ihren Eltern beeinflussen lassen. Sie verurteilen Barnaby nicht oder stecken ihn in eine Schublade, sie sind unvoreingenommen. Sie sehen in Barnaby einfach ihren Bruder, der eine besondere Fähigkeit hat. Nicht normal oder abnormal – nein, einfach nur ihr Bruder.

Barnabys Eltern treffen eine Entscheidung, die für den Jungen zum größten Abenteuer seines Lebens avanciert. Um der Scham des Unnormalseins zu entgehen, lassen sie Barnaby unauffällig davonschweben. Doch der Junge glaubt nicht daran, dass sie dies mit Absicht getan haben könnten. Und so ist es seine erklärtes Ziel, zu seiner Familie zurückzufinden. Doch dieses Vorhaben erweist sich als etwas schwierig und für Barnaby beginnt eine Reise rund um den Globus. Aber er lernt unglaublich viele Menschen kennen. Menschen, wie sie verschiedener nicht sein könnten. Menschen, die hilfsbereit sind, die ihn akzeptieren, die ihn mögen und mit ihm Freundschaften schließen. Menschen, die ‘anders’ sind, so wie er – und doch völlig normal. Barnaby kann zum Beispiel nicht verstehen, warum auch Ethel und Marjorie, die ihm das Leben gerettet haben, von ihren Eltern weggeschickt wurden und als anormal bezeichnet wurden. Er hat die beiden Damen als ganz wundervolle und hilfsbereite Menschen kennengelernt. Er kann nicht sehen, was die beiden so anders – so ‘anormal’ macht, wie seine Mutter sagen würde. Ihm kommen beide völlig normal vor. Gute als auch schlechte Erfahrungen prägen den Jungen auf seiner Reise nach Hause und er macht sich viele Gedanken. Gedanken um sich, Gedanken um seine Freunde rund um die Welt und natürlich Gedanken um seine Familie und deren Verhalten. “War es normal, immer nur so – na ja – normal sein zu wollen? ” Und am Ende seiner Reise trifft er eine große Entscheidung.

Was ist normal, was ist abnormal? Wer entscheidet darüber, wer hat überhaupt das Recht, darüber zu entscheiden? John Boyne plädiert mit dieser wundervollen Parabel für mehr Akzeptanz, mehr Toleranz in dieser Welt. Jeder von uns ist einzigartig, für sich etwas Besonderes. Jeder sieht anders aus. Jeder hat besondere Fähigkeiten, die ihn auszeichnen. Der eine kann dies besser, der andere das. Es sind die besonderen Eigenheiten und Eigenschaften, die uns prägen und unseren Charakter ausmachen. Selbst wenn man zum Beispiel durch körperliche oder geistige Makel auf den ersten Blick anders erscheint, ist das in keiner Weise anormal. Jeder einzelne ist individuell und besonders. Menschen aufgrund ihrer Äußerlichkeiten oder Fähigkeiten in Schubladen zu stecken, dazu hat niemand das Recht.
Eine ganz wundervolle Parabel, die einem ein Lächeln aufs Gesicht zaubert, da man sich als Leser quasi umgehend in den kleinen achtjährigen Barnaby verliebt, die aber auch ungemein zum Nachdenken anregt und einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Meines Erachtens eignet sich dieses Buch sehr für den Schulunterricht, denn es lehrt viel über den Umgang mit unseren Mitmenschen und stupst uns darauf hin, nicht in ein Schubladendenken zu verfallen. Eine ganz klare Leseempfehlung – und das definitiv nicht nur für Kinder.

© Rezension: 2013, Alexandra Zylenas

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