Rezension | Zeigerloser Weg. 61 Haiku über Frauen | Dagmar Tollwerth

by Alexandra Stiller
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Im tiefen Dunkel
weist die Poesie den Weg
zu dem schönen Stern
 
Božena Němcová (1820-1862) , Haiku Seite 15

Das Leben von 61 Frauen stellt die Dichterin in Haiku vor, die unerwartet viel über das Leben der Künstlerinnen, Schriftstellerinnen, Musikerinnen aussagen. Kurze Biographien rufen das Leben dieser berühmten Frauen ins Gedächtnis, ausdrucksstarke Tuschzeichnungen der jungen Künstlerin Yun Nam illustrieren das Buch.

Eine Stimme dringt
ins Herz und lässt traumhafte
Welten erwachen.
 
Maria Callas (1923-1977), Haiku Seite 107

Mit Dagmar Tollwerths Werk “Zeigerloser Weg” habe ich mich zum ersten mal überhaupt mit dem Haiku, einer traditionellen Gedichtform, befasst und ich muss sagen, ich habe es in keinem Fall bereut. Ganz im Gegenteil – es war für mich eine ganz neue Erfahrung des Gedichte-Lesens, die ich nicht hätte missen wollen! Natürlich musste ich mich erst einmal ein wenig mit den Hintergründen des Haiku auseinandersetzen, um mich auf dieses Werk richtig einlassen zu können. Ein Haiku (jap. 俳句, dt. „lustiger Vers”; Plural: Haiku, auch: Haikus) [1] ist eine traditionelle japanische Gedichtform, die heute weltweit verbreitet ist und auch bei uns immer größeren Gefallen findet. Das Haiku ist die kürzeste Gedichtform der Welt und besteht meistens aus drei Wortgruppen von 5 – 7 – 5 Lauteinheiten (Moren), wobei die Wörter in den Wortgruppen vertikal aneinandergereiht werden. Im Deutschen werden Haikus in der Regel 3-zeilig geschrieben und kommt mit 17 Silben aus. Auch Dagmar Tollwerth bleibt dieser Anordnung durchgehend treu und alle 61 Haiku in diesem Buch sind nach dieser Art verfasst. Ich traf in dem außergewöhnlichen Gedichtband auf viele ebenso außergewöhnliche Frauen der Geschichte bis hin zur Gegenwart. Frauen, die Mut und Geschicklichkeit beweisen haben, die intelligent und kreativ waren, die Tolles, Außergewöhnliches und Aufregendes geleistet haben und wesentlich zum Verlauf unserer Geschichte beigetragen haben. Frauen, die sich aber auch behaupten mussten und ‘ihren Mann stehen’ mussten, wie man so schön sagt – und die es auch geschafft haben.

Bekannte Namen wie zum Beispiel Jane Austen,Käthe Kollwitz, Marie Curie, Rosa Luxemburg, Virginia Woolf, Coco Chanel, Anne Frank, Astrid Lindgren und viele mehr springen mir ins Auge, aber auch einige Namen, die ich bisher noch nicht gehört habe und so habe ich in den Kurzbiografien auch viel Neues und Interessantes erfahren. Die junge und talentierte Zeichnerin Yun Nam hat zu jeder Persönlichkeit eine sehr ansprechende und überaus gelungene Tuschzeichnung erstellt, unter der das jeweilige Haiku zu finden ist. Zusammen ergibt dies eine wunderbare Stimmigkeit, die mich in seinen Bann zog. Die Kurzbiografien geben zudem einen kleinen Einblick in das ereignisreiche, aber teilweise auch sehr schwierige und schmerzhafte Leben der Frauen und helfen, die Botschaft des jeweiligen Haiku zu verstehen. Dagmar Tollwerth hat es verstanden, den Frauen mit siebzehn Silben eine eine Ehrerweisung zu erbringen und sorgt dafür, dass ihre jeweiligen Lebenswerke nicht in Vergessenheit geraten.

Im Mondlicht sitzt der
blaue Engel auf dem Fass,
wartet auf die Liebe.
 
Marlene Dietrich (1901-1992), Haiku Seite 75
“Zeigerloser Weg” ist ein Gedichtband, geschrieben in der traditionellen japanischen Gedichtform Haiku, welches sich mit dem Leben von 61 berühmten und erfolgreichen Frauen beschäftigt. Einfühlsam, ehrerweisend und voller Hingabe widmet sich Dagmar Tollwerth dem Leben der Frauen. Ich war durchgehend positiv überrascht von diesem Werk, zumal ich mich zum ersten mal mit dieser Gedichtkunst befasste. Ich möchte dieses Band in meinem Regal nicht mehr missen. Meine absolute Empfehlung!

© Rezension: 2014, Alexandra Zylenas

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