Wie kaputt muss man sein, um bei jemandem an der Tür zu klingeln und zu behaupten, man sei der Tod? Was wie ein schlechter Scherz beginnt, ist der Auftakt zu einem hinreißenden, nicht enden wollenden Wortgefecht zwischen dem Tod und dem Erzähler, in dem es um Liebe, Freundschaft und Glauben, um den Lakritzgeschmack von Asphalt und das depressive Jobprofil des Todes geht. Gemeinsam machen sich die beiden auf den Weg zur Mutter und zu Johnny, dem kleinen Sohn des Erzählers, den er seit Ewigkeiten nicht gesehen hat. Mit dabei: Sophia, die ruppig-souveräne und weise Exfreundin. Es ist eine Reise zwischen Himmel und Hölle, die geprägt ist von der Tollpatschigkeit, mit der sich der Tod begeistert durch die Welt der Lebenden bewegt, und Fragen aufwirft wie: Muss der Tod eigentlich pinkeln? Und wenn ja, wie macht er das? Und es geht um die große Frage, was denn besser ist, »to burn out or to fade away«?
Der Tod steht vor der Tür. Allerdings nicht in schwarzer Kutte und mit Sense, er wirkt eher wie ein Vertreter. Er erklärt unserem Helden, dessen Name interessanterweise im ganzen Buch nicht genannt wird, dass er noch drei Minuten Zeit hätte, dann wäre sein Leben vorbei. Eben während dieser Zeitspanne klingelt Sophia und durchkreuzt mit ihrem Erscheinen das Ableben, das so jetzt nicht mehr durchführbar ist. Der Erzähler hatte seine Exfreundin gebeten, ihn zu seiner Mutter zu begleiten, und so machen sie sich kurzerhand zu dritt auf den Weg. Der Tod hat dabei mächtig Spaß, denn Urlaub hatte er noch nie. Und sich jetzt wie ein Mensch frei zu bewegen macht ihm richtig gute Laune. Dass der Protagonist nicht ganz so fröhlich ist mit dem im doppelten Sinne Tod vor seinen Augen, ist nachvollziehbar. Das ergibt einiges an Diskussionsstoff.
Die Dialoge zwischen den beiden sind immer wieder amüsant und voller trockenem Humor. Es gelingt dem Autor das düstere Thema Tod leicht und unbeschwert zu behandeln. Gleichzeitig hält er unserem Spießbürgertum den Spiegel vor.
Der Text ist leicht und flüssig lesbar, ich war recht schnell durch. Auch wenn das Buch nicht mit viel Tiefe daherkommt, drängt sich die eine oder andere Frage zum Thema Tod auf. Geht es den meisten von uns nicht immer wieder auch so wie dem Helden, dass man im Alltag feststeckt? Statt leben reicht uns überleben, damit den täglichen Herausforderungen genüge getan wird? Da drängt sich das Konzept „Lebe so, als wäre heute der letzte Tag deines Lebens” auf. Wenn es nur so einfach wäre. Aber die kleinen täglichen Dinge mehr schätzen, die Gesellschaft derer, die wir mögen, mehr genießen, oder natürlich sich über ein gutes Buch freuen, hilft doch Frust und Ärger nicht so hoch zu hängen.
Persönliches Fazit
Locker und leicht lässt Thees Uhlmann in seinem Debütroman seinen Protagonisten mit dem personifizierten Tod diskutieren. Die Dialoge sind zumeist amüsant und der Humor nordisch-trocken. Etwas mehr Tiefe hätte ich zwar erwartet, aber dafür ist das Buch für mich zu einem kurzweiligen Lesespaß geworden.
© Rezension: 2015, Marcus Kufner
Roman
Verlag Kiepenheuer & Witsch - ISBN: 9783462309898
2015
gebunden, 320 Seiten