Manfred Kochs KrimiKillerKrimis sind Krimis, die Krimis killen. Kriminell schräge Geschichten für hartnäckige Krimifans, Krimi-Overkill-Geschädigte und Immer-schon-Krimi-Verächter. Ein mordsmäßig grimmiges Lesevergnügen, böser, satirischer, schwärzer, verrückter, witziger, frecher und intelligenter, als es die Kriminalpolizei erlaubt.
In seiner neusten Sammlung ironischer und hintergründiger Krimi-Kurzgeschichten erzählt der Autor auf humoristische Weise von einer verhinderten Freundschaft zwischen einem Kriminalkommissar mit der Leidenschaft fürs Kochen und einem Viersternekoch, der sich als Mörder entpuppt, von düsteren Vorkommnissen in einem schwedischen Möbelhaus, von einem trickreichen Telefonat, im Zuge dessen die Grenzen zwischen Opfer und Täter verschwimmen, von schrägen Meisterkursen zur Dezimierung der Weltbevölkerung und deren Abschluss als „Master of Overkill“, von Wasserleichen und deren wasserdichten Alibis, von G´schichten aus dem Killerwald und vielen weiteren Skurilitäten… [Text und Cover: styria-Verlag]
Das Gelingen einer Parodie setzt das Wissen um den parodierten Gegenstand voraus. Manfred Koch wendet sich gezielt an die Konsumenten von Schweden-, Regional- und austauschbaren Fernseh-Krimis, kurz, jener Geschichten, in denen bauernschlaue Kommissare mit Leberleiden und Unterhaltspflichten die Ursachen des unnatürlichen Ablebens ihrer Klienten untersuchen und dabei von ihren intellektuell zumeist unterlegenen Kollegen moralisch gestützt werden müssen. In kurzen, nur wenige Minuten Lesezeit beanspruchenden Stücken verschafft er einen Überblick über die unterschiedlichen Motiv-Täter-Opfer-Ermittler-Konstellationen, die letztendlich die Gattung “Krimi” in unzählige Unterkategorien zerstückeln. Dabei spielt er geschickt mit Stereotypen, die es dem Leser ermöglichen, nach nur wenigen Sätzen einen Gemeinplatz eindeutig zu erkennen.
Wie ein Pathologe das vor ihm aufgebahrte Mordopfer seziert der Autor mit skalpellscharfem Blick das jeweilige Genre, um mit steril-intelligentem Wortwitz dessen innere Beschaffenheit zu analysieren. Da erblüht ein lukrativer Handel mit Leichen, die von Pathologen an Mörder zur Wiederholung der Tat verscherbelt werden. Da lernt ein gewohnheitsmäßiger Bankräuber den Wert einer fundierten sprachlichen Ausbildung erst kennen, als die Mitarbeiter eines Kreditinstituts in Albanien sein Anliegen nicht so recht zu interpretieren wissen. Da erlebt ein Krimifreund seine persönliche Hölle, als angesichts ineinander verschachtelter Wiederholungen ewiggleicher TV-Morde seine Wirklichkeit kollabiert.
Doch nicht nur Opfer, Täter und Kommissar stehen im Tatort-Fadenkreuz des Autors, oft indirekt, manchmal unverhohlen direkt zielt die Satire auch auf den Sensationsdurst des Konsumenten. So erklärt ein Kommissar einem geständigen Mörder: “(…) je abartiger, desto besser, je blutrünstiger, desto geiler, das ist nämlich das, worauf die Leute gierig sind, und wenn dann noch ein paar Experten ihren üblichen Senf aus der Psychotube dazugeben, wird die Geschichte zum absoluten Verkaufsschlager auf dem Markt der Grlauslichkeiten.”
Immer wieder aufgelockert wird die Lektüre von kurzen Aphorismen, sogenannten “Krimikillerkrimismen”, wobei auch hier hier Manfred Kochs Markenzeichen, knockentrockener Humor, unverkennbar ist: “Selbst Wasserleichen haben nie ein wasserdichtes Alibi”, wird da beispielsweise konstatiert.
Persönliches Fazit
Manfred Koch verarbeitet das Genre der Kriminalliteratur zu einer atmosphärischen Essenz. Die einzelnen Stücke werden als mörderisch-literarischer Digestiv empfohlen, bei zu hoher Dosierung können die mit dem Titel angedeuteten Folgen nicht ausgeschlossen werden.
Mehr zu Manfred Kochs “Totgelacht” in der nächsten Kolumne “AUFGELESEN” am 10.11.2015!
© Rezension, 2015 Wolfgang Brandner
styria-Verlag - ISBN: 9783222135064
2015
Broschur, 192 Seiten
1 comment
Schön ausgedrückt, dass die mit dem Titel angedeuteten Folgen bei zu hoher Dosierung nicht ausgeschlossen werden können.