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Nicht jeder, der lacht, ist glücklich. Manchmal lacht man auch nur, um nicht zu weinen.
»Das Leben ist ein Privileg«, sagte ich. »Das Leben ist ein Privileg?«, fragte Noah erstaunt. »Ja«, sagte ich. Noah zog die Luft ein, ein Lächeln umspielte seine Lippen. Er drehte sich zu Fred und den anderen um und fragte: »Wo zum Henker hast du denn den kleinen Gandhi hier her?«
Du bist einsam und unglücklich, dein Leben wie ein falscher Film, der an dir vorbeiläuft. Bis du neue Freunde triffst. Gut, die sind alle ein bisschen verrückt, sie nennen sich »Der Club der verhinderten Selbstmörder«. Aber sie geben dir Halt und sind wie Leuchtkäfer in deiner bodenlosen Traurigkeit. Denn du hast nur das eine Leben. [Klappentext & Cover: © Ullstein Verlag]
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[az] Die junge, erfolgreiche Poetry-Slammerin Zoe Hagen (deutsche Vize-Meisterin der U20-Poetry Slammer) legt nun mit TAGE MIT LEUCHTKÄFERN ein Debütroman vor, den sie mit siebzehn Jahren innerhalb weniger Wochen geschrieben hat. Ein Roman, in dem sie selbst Vergangenes aufarbeitet. In ihrem Roman geht es um die junge Antonia, eine Kämpferin, die an sich zweifelt und die Schmerzen hat – körperlich als auch seelisch – aber trotzdem nicht aufgibt.
Sie fühlt sich ungeliebt und missverstanden von ihren Mitschülern, Lehrern aber vor allem von ihrer Mutter. Sie ist traurig, und diese Traurigkeit scheint bodenlos. Da war etwas Vergangenes, dass sich in ihr festgesetzt hat. Da waren diese Bilder, die sie vergessen wollte. Sie hat Angst, kann aber nicht darüber sprechen. Auch nicht mit ihrer Therapeutin, mit der sie viel redet, die aber doch so gar nichts von ihr weiß. Also weint sie und kotzt sich sozusagen die Seele aus dem Leib. Und wird immer weniger …
Doch dann trifft sie Fred.
Fred und seine Freunde Noah, Lynn, Amira und Fabien, die sich selbst „Der Club der verhinderten Selbstmörder” nennen, werden ihr Familienersatz, ihr Lichtblick am Ende des Tunnels. Bei ihnen kann Antonia sie selbst sein und sich fallen lassen. Sie kann den ganzen Stress mit ihrer Mutter und der Patchworkfamilie für einen Moment vergessen und auch einfach mal unbeschwert tanzen. Sie nennen sie liebevoll Gandhi und sie bringen ein Leuchten in ihr Leben.
“Ich glaube wir sind alle Glühwürmchen, wir alle haben ein Licht in uns, und wir alle sehnen uns nach Liebe” ~ Seite 34
Keiner spricht sie auf ihre zerschundenen Arme und ihren mageren Körper an. Sie löchern sie nicht mit Fragen und zwingen sie nicht zum Essen.
Ihre Mutter hat keine Geduld und kein Verständnis. Sie befasst sich nicht mit dem wahren Problem, sondern meint, dass alles gut wird, wenn sie nur viel isst und zunimmt. Statt zu helfen oder einfach einmal Trost zu spenden, wird sie verbal aggressiv, wenn sie ihre Tochter wieder zur Toilette rennen sieht. Jegliches Zusammengehörigkeitsgefühl ist verfolgen in der Familie. Zaghafte Versuche von Antonia werden nicht wahrgenommen, ihre Taten nicht hinterfragt. So wandert auch das Geburtstagsgeschenk für die Mutter unverstanden in eine Schublade.
“Wenn du jung bist, weißt du eben manchmal nicht, ob du dich umbringen oder nicht doch lieber eine Tasse Tee machen solltest.”
Sie weiß, dass sie nicht aufgeben darf und kämpft Tag für Tag. Glück und Unglück liegen immer so nahe beieinander und plötzlich wird ihre Welt wieder komplett durcheinandergewirbelt. Sie fällt – aber sie kämpft wieder einmal und schafft es. Aber verliert trotzdem jemanden.
Der Roman ist in Tagebuchform geschrieben und sie widmet ihre Einträge Gott. Nicht dass sie wirklich an ihn glauben würde. Aber da ist sonst niemand, der ihr Kraft gibt und daher wählt sie diese Anrede.
Antonia schreibt ihre Gedanken nieder, schreibt sich von der Seele, was so furchtbar brennt. Und genau das ist es – nicht mehr und nicht weniger. Ein Tagebuch, dass auch als solches verstanden werden muss. Man darf hierbei keinen tiefen Einblick in die Vielschichtigkeit der Essstörung erwarten. Auch geht es hierbei nicht um das facettenreiche Ausarbeiten von Protagonsten oder dem Setting. Hier geht es ums als wahre Leben, um die wahren Gedanken eines jungen Mädchens, die tief in ihre verletzte Seele blicken lassen.
PERSÖNLICHES FAZIT
Ein ergreifender und trotz der Tragik lebensbejahender Roman in Tagebuchform, erzählt von einem jungen Mädchen, dass trotz ihrer Traurigkeit und ihrer Schmerzen niemals aufhört zu kämpfen und deren inneres Licht noch lange nicht erloschen ist.
© Rezension: 2016, Alexandra Zylenas
Tage mit Leuchtkäfern
Ullstein Verlag, ISBN 9783548286945
2016
Klappenbruoschur mit 192 Seiten
Ullstein Verlag, ISBN 9783548286945
2016
Klappenbruoschur mit 192 Seiten