Nach Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand* hat mir auch Jonas Jonassons zweites Buch, Die Analphabetin, die Rechnen konnte*, sehr gut gefallen. Mit „Mörder Anders und seine Freunde nebst dem einen oder anderen Feind” liegt jetzt sein dritter Roman vor, der die beiden Vorgänger jedenfalls schon mal bei der Titellänge schlägt. Den ersten beiden Büchern ist es gelungen, mich von der ersten Seite an mitzureißen. Da ging es gleich so skurril und ungewöhnlich los, dass ich sofort gefesselt war. Das ging mir bei dem neuen Roman nicht so. Hier dauerte es deutlich länger, bis ich mit den Protagonisten warm geworden bin. Die Pfarrerin, die nicht an Gott glaubt, dafür aber umso mehr an den schnöden Mammon, hat mir ganz gut gefallen. Auch Mörder Anders ist mit seiner naiven aber enthusiastischen Art ein recht gelungener Charakter. Nur der dritte im Bunde, der Rezeptionist Per Petersen bleibt blass.
Die drei haben ihre Berufung gefunden und machen mit ihrer „Prügelagentur” richtig Kohle, bis Mörder Anders den Weg zu Jesus findet und die unchristlichen Aufträge nicht mehr annimmt. Stattdessen beginnt er damit, ihr gemeinsam verdientes Geld an Bedürftige zu verteilen. Eine Entwicklung, die die anderen beiden unbedingt stoppen wollen. Nicht lange, dann haben sie eine neue Idee, wie sie aus Mörder Anders’ gewandelter Gesinnung frisches Geld machen können.
Sprachlich ist das Buch auf dem gewohnten Niveau, mit viel Ironie und Komik.
‘Gut’, sagte die Pfarrerin. ‚Steh auf, nimm deinen Eimer und wandle.’
‚Wir sehen uns Samstag’, antwortete der Schüler, nahm seinen Eimer und wandelte. (S. 230)
Die Handlung pendelt zwischen der Kirche, die ordentlich auf die Schippe genommen wird, und den Gangsterkreisen Stockholms. Raffinierte Verstrickungen in politisch aktuelles oder historisches Zeitgeschehen, die mich bei den Vorgängern begeistert haben, fehlen hier aber komplett. Das ist schade, denn die fand ich immer sehr einfallsreich. Übrig bleibt eine Geschichte, die die mich trotzdem größtenteils amüsiert hat, der allerdings gegen Ende ziemlich die Luft ausgeht.
Persönliches Fazit
Im Vergleich zu den Vorgängern ist „Mörder Anders und seine Freunde nebst dem einen oder anderen Feind” schon enttäuschend. Zwar hält der Autor das gute sprachliche Niveau, die großartigen Verstrickungen, die die ersten beiden Bücher ausmachten, fehlen hier aber. Übrig bleibt eine größtenteils amüsante Geschichte, die am Ende leider deutlich nachlässt.
© Rezension: 2016, Marcus Kufner
Roman
carl's books - ISBN: 9783570585627
2016
gebunden, 352 Seiten
5 comments
Eine sehr schöne Rezension, die auch mein Empfinden beim Lesen (ich bin jetzt beim letzten DritteL9 bestätigt. Dieser Band ist doch deutlich schwächer als seine Vorgänger, ihm fehlt doch der Esprit, den die beiden anderen hatten und die die Schelmenromane Jonassons auszeichneten.
Liebe Grüße
Shaakai
Hallo Marcus,
danke für deine Meinung zu diesem aktuellen Titel. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass es einen neuen Jonasson gibt (diesmal stand kein Zebra in der Buchhandlung *zwinker*). Schade, dass dich der dritte Roman nicht so begeistern konnte, die Story klingt auf jeden Fall gewohnt skurril.
Liebe Grüße
Anka
Hallo Shaakai,
vielen Dank für das Lob. Ich denke, er hat mit seinen ersten beiden Büchern die Messlatte sehr hoch gelegt. Da kommt er mit seinem dritten nicht heran.
Liebe Grüße
Marcus
Liebe Anka,
freut mich, dass ich Dich überraschen konnte 🙂
Es sind schon einige nette Ideen drin im Buch, aber den Einfallsreichtum der Vorgänger erreicht Jonasson diesmal leider nicht.
Viele Grüße,
Marcus
Hi Marcus,
ich finde es äußerst interessant wie unterschiedlich die Meinungen zum Buch sind. Denn für mich war es mein erster Jonas Jonasson und somit ein Buch voller Überraschungen. Um so mehr freue ich mich auf die Vorgänger und bin gespannt ob ich dann dort den Widerklang der Schreibweise spüre.
Ich hoffe es ist ok, da ich die Rezension mit zu meiner verlinke.
Mit freundlichen Grüßen
Anja 🙂