Spannender Spionagethriller in historischem Gewand
Nachdem ich von „Welt in Flammen” sehr begeistert war, war ich schon gespannt auf das neue Werk von Benjamin Monferat alias Stephan M. Rother. Diesmal entführt er uns also auf die Weltausstellung nach Paris in eine Zeit, als die meisten Häuser noch nicht einmal elektrischen Strom hatten. Die Technologie fasziniert die Menschen, Erfinder und Ingenieure wie Edison oder Daimler feiern große Erfolge. Das Highlight im doppelten Sinne ist natürlich der Eiffelturm, mit 300 Metern damals der höchste Turm der Welt. Es ist spürbar, wie die Menschen über diese fast unvorstellbaren Dinge staunen. Paris ist mit seiner Ausstellung der Nabel der Welt.
Spannend sind auch die politischen Verhältnisse in Europa. Deutschland hat sich mit vielen anderen Ländern verbündet. Bis auf eine Allianz mit den Briten steht Frankreich ziemlich isoliert da. Man spekuliert darüber, dass ein Krieg kurz bevor stehen würde, es fehlt nur noch der Funke, der die Lunte entzündet. Die französische Republik steht dazu momentan auch noch auf wackeligen Beinen. Verschiedene Gruppen wie beispielsweise die Monarchisten würden die Regierung gerne ersetzen und die Staatsform in ihrem Sinne ändern.
In diesem Umfeld strickt Monferat eine komplexe Spionagegeschichte. Deutsche, Briten und natürlich Franzosen verfolgen ihre gegenläufigen Interessen. Immer wieder kreuzen die verschiedenen Handlungsstränge, und wie ein großes Puzzle fügen sich Stück für Stück die Teile und Fragmente zusammen. Es gibt des Öfteren Wendungen, bis zum Ende bleibt es deshalb rätselhaft, wer den Anschlag am letzten Tag der Ausstellung plant. Dass etwas passieren wird, ist von Anfang an klar, denn jedes Kapitel ist mit dem aktuellen Count Down überschrieben. Ein gutes Spannungselement, die gesamten Ereignisse finden somit innerhalb von nur 60 Stunden statt.
Das brisante Umfeld ist aber nur ein Element für den Roman. Es sind die interessanten Figuren, die mich über die 700 Seiten fesseln. Von der prominenten Adeligen, die für ihre Tochter die beste Partie sucht, bis zum abgehalfterten Agenten, der dem Absinth erlegen ist, geht die Bandbreite. Da ist viel Platz für Emotionen und Leidenschaften. Die Protagonisten sind hervorragend in den historischen Kontext eingebunden, das macht die Geschichte glaubhaft und lebendig. Dazu trägt auch die Sprache bei, die sich in das historische Umfeld gut einfügt.
Persönliches Fazit
Bei „Der Turm der Welt” passt alles: interessante Figuren, eingebettet in eine spannende und wendungsreiche Spionagegeschichte, die in einer aufregenden Zeit spielt. Paris mit der Weltausstellung ist ein stimmungsvoller Schauplatz. Nach „Welt in Flammen” waren meine Erwartungen hoch, wurden aber voll erfüllt.
© Rezension: 2016, Marcus Kufner
>> Rezension zu “Welt in Flammen”
>> Interview mit Benjamin Monferat
Roman
Rowohlt Verlag - ISBN: 9783805250931
2016
gebunden, 704 Seiten
2 comments
Hallo,
beide Bücher sprechen mich total an. Leider habe ich noch keins davon gelesen. Stehen sie in Zusammenhang oder sind sie als Einzelbände lesbar?
Liebe Grüße
Nanni
Liebe Nanni,
ich kann beide Bücher sehr empfehlen! Welches Du Dir zuerst vornimmst spielt keine Rolle, inhaltlich verbindet sie nichts.
Viele Grüße,
Marcus vom Bücherkaffee