Wie verwirrend ist doch das Dasein für einen Teenager! So geht es zumindest Johanna, die uns als Ich-Erzählerin ein Stück weit an ihrem Leben teilhaben lässt. Im Mittelpunkt steht ihre Beziehung zu ihrem Mitschüler und besten Freund Boris. Er ist ein besonderer Mensch, und Johanna versucht immer wieder, ihn zu verstehen. Und auch zu verstehen, wieso sie noch kein Paar sind. Ist die Verbindung zu seiner im fernen Portugal lebenden Freundin wirklich so ernst?
„Wenn ich Ana-Clara lieben kann, wenn ich etwas Liebenswertes an ihr entdecken kann, dann kann ich Boris weiter lieben. Wenn ich nichts finde, was sich lieben lässt, kann ich Boris nicht mehr lieben. So einfach ist das, sage ich mir.” (S. 16)
Immer wieder gibt es Sprünge in der Zeit zurück, beispielsweise als Boris neu in Johannas Schule kam oder zur Klassenfahrt nach Spanien. Das verlangt meine Aufmerksamkeit, damit ich weiß, wo und wann wir uns gerade befinden, dient aber gut der Charakterisierung der Protagonisten. Jan Schomburg geht dabei tief in die Psyche seiner Darsteller, die sich ihr Verhalten oft selbst nicht so richtig erklären können. Das ist so fesselnd, dass die Handlung selbst eher vernachlässigt werden kann.
Dazu passt der Sprachstil: Johanna umschreibt den Kern ihrer Überlegungen ganz gerne. Das führt häufig zu Verschachtelungen, bei denen sie sich im Kreis zu drehen scheint. In Verbindung mit ihrer jugendlichen, etwas abgerissenen Ausdrucksweise hat mir dieser ungewöhnliche Stil sehr gut gefallen.
„Ich kann nur verlieren, wenn ich jetzt etwas sage. Und das liegt daran, dass ich eigentlich verstehen müsste, was gerade passiert. Zumindest habe ich das Gefühl, dass Boris voraussetzt, dass ich Bescheid weiß. Und obwohl ich überhaupt nicht Bescheid weiß, sage ich lieber nichts, damit wenigstens die Möglichkeit bestehen bleibt, ich würde es wissen. Aber ich habe echt keine Ahnung, was gerade in Boris vorgeht.” (S. 134)
Persönliches Fazit
„Das Licht und die Geräusche” ist ein Roman, der weniger von einer dramatischen Geschichte, dafür aber von der feinsinnigen Charakterisierung der Darsteller getragen wird. Die Wirrungen und Irrungen der Jugend hat Jan Schomburg in eine dazu passende Sprache umgesetzt, die ausgesprochen gut die Gedanken und Gefühle der jungen Erzählerin vermittelt.
© Rezension: 2017, Marcus Kufner
Roman
dtv Verlag - ISBN: 9783423431897
2017
gebunden, 256 Seiten