Die Geschichte einer fatalen Freundschaft
Einst war Faber ihr charismatischer Anführer, einer dem seine Freunde Madeleine und Basile voller Eifer folgten, ihn liebten. Am Anfang des Buchs sucht Madeleine ihn in den Bergen. Völlig verwahrlost haust er in einer halb zerfallenen Hütte. Was ist passiert, dass es so kam? Diese Frage zieht gleich meine Aufmerksamkeit auf sich. Der Roman geht zurück in ihre Schulzeit, um die Antwort darauf zu ergründen.
Faber ist überdurchschnittlich intelligent und den anderen überlegen. Er freundet sich mit den Außenseitern Madeleine und Basile an, die ihm dankbar folgen. Es scheint so, dass er sie bewusst ausgewählt hat, um sie an sich zu binden. Er ist für die beiden ein Rettungsanker, der sie vor den täglichen Demütigungen bewahrt. Ein frühreifer Junge, der sogar die Lehrer manipulieren kann.
Die drei verbringen ihre Schulzeit in den achtziger und neunziger Jahren in einer fiktiven mittelgroßen Stadt in Zentralfrankreich. Sie kämpfen wie ihre ganze Generation gegen die Bedeutungslosigkeit. Ihre Eltern sind als Vorbilder aus ihrer Sicht wenig brauchbar, so kleinbürgerlich und durchschnittlich wollen sie nicht enden. Alle erwarten von Faber, dass er ihnen eine Perspektive und einen größeren Sinn aufzeigt. Dass er algerischer Abstammung ist, scheint den Druck noch zu erhöhen. Integrieren sollen sich Leute seiner Herkunft möglichst konform, aber dazu gehören werden sie nicht.
„Wir sind völlig uninteressante Menschen. Mornay ist eine Stadt, die in der heutigen Welt überhaupt keine Rolle spielt. Frankreich ist ein Land, das nicht zählt. Wir werden nichts erreichen. Man wird uns schon vergessen haben, bevor wir unser Leben zu Ende gelebt haben.” (S. 236)
Der Anfang des Buchs ist noch nicht das Ende: der heruntergekommene Faber kommt mit zurück nach Mornay. Die drei Freunde erzählen abwechselnd aus der Ich-Perspektive, wie es weiter geht. Das Beziehung der drei bildet den roten Faden durch den Roman und bringt tiefe Einblicke in ihre Psyche. Tristan Garcia beschreibt das sehr kraftvoll, er konfrontiert seine Figuren gnadenlos mit ihren Schwächen und Fehlern. Ein leicht fatalistischer Grundton lässt dabei nicht viel Raum für Hoffnung auf Besserung.
Persönliches Fazit
„Faber. Der Zerstörer” ist ein starker, gut konstruierter Roman über eine Generation auf der Suche nach dem Sinn und einer Perspektive. Eine beeindruckende und sehr lesenswerte Geschichte einer fatalen Freundschaft.
© Rezension: 2017, Marcus Kufner
Roman
Wagenbach Verlag - ISBN: 9783803132888
2017
gebunden, 432 Seiten
1 comment
Eine lesenswerte Rezension, danke.
Frohe Weihnachten!
Evelin B. Blauensteiner