Mit seinem bekannten und auch verfilmten Jugendroman „Das Schicksal ist ein mieser Verräter” hat John Green die Latte sehr hoch gelegt, daran müssen sich seine nachfolgenden Romane natürlich messen lassen. Ich war gespannt darauf, ob „Schlaf gut, ihr fiesen Gedanken” da mithalten kann.
Aza leidet unter Angststörungen. Sie hat das Gefühl, ihre Gedanken nicht kontrollieren zu können. Es geht oft wild zu in ihrem Kopf, wenn sie sich ihren Ängsten entgegenstellt und sie mit Logik entkräften will. Wie in einer Spirale wird es immer enger für sie, bis sie ihren Zwängen doch wieder nachgeben muss.
„Ich denke: Du wirst nie frei sein. Ich denke: Du suchst dir deine Gedanken nicht aus. Ich denke: Du stirbst, und du hast Keime in dir, die sich am Ende von innen durch deine Haut fressen. Ich denke und denke und denke.” (S. 95)
Es ist für Aza sehr anstrengend, sich nach außen möglichst normal zu verhalten. Kann sie überhaupt ein normales Leben führen, mit Studium und einer Arbeitsstelle? Und ist unter diesen Voraussetzungen eine Beziehung vorstellbar? Als sie Davis trifft, scheint das möglich. Er mag sie und ihre besondere Art. Und doch stößt sie immer wieder an ihre Grenzen, was die Nähe zu ihm betrifft.
Aza bekommt durchaus Hilfe. Sie ist in Therapie und schluckt Medikamente, die aber offensichtlich nicht viel bewirken. Ihre Mutter will alles für sie tun, steht aber hilflos daneben. Und so geht es mir auch. John Green lässt mich rein in Azas Kopf und bringt mich so nah an sie heran, dass sie mir äußerst sympathisch wird. Ich würde ihr auch gerne etwas von ihrer Last abnehmen und ihr Mut machen. Aber selbst Aza weiß nicht, was ihr helfen kann.
Green erfindet sich mit diesem Roman nicht neu, vieles erinnert vom Stil her an seinen Bestseller. Warum sollte er das auch? Das was er macht, kann er richtig gut. Er vermittelt die Schwierigkeiten seiner Hauptdarstellerin ausgezeichnet, und das auf einer emotionalen Ebene, die nicht kitschig wird. Einzig die Rahmenhandlung um den verschwundenen Milliardär ist etwas blass, die steht auch nicht im Mittelpunkt. Es geht primär um Azas Alltag und wie sie die Beziehungen zu ihrer Mutter und ihren Freunden bewältigt. Und genau das ist auch das Spannende.
Persönliches Fazit
Wer „Das Schicksal ist ein mieser Verräter” mochte, dem wird bestimmt auch „Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken” gefallen. John Greens Handschrift ist hier leicht wiederzuerkennen. Und er macht seine Sache gut: ich habe mit Aza mitgefiebert und mitgelitten. Ein sehr kurzweiliger Roman, nicht nur für Jugendliche ab 14 Jahren.
© Rezension: 2018, Marcus Kufner
Jugendbuch, ab 14 Jahren
Hanser Verlag - ISBN: 9783446259034
2017
gebunden, 288 Seiten
3 comments
Liebes Team von Bücherkaffee,
ich habe das Buch ebenfalls vor ein paar Wochen beendet. Die Darstellung der Angst- bzw. Zwangserkrankung ist wirklich sehr gelungen. Nach diesem Buch weiß man, wie sich Menschen mit solchen Erkrankungen ansatzweise fühlen müssen und beginnt vielleicht auch, diese etwas besser zu verstehen. Allerdings ließ mich das Buch auch unzufireden zurück.
SPOILER
Gerade, weil in dem Buch deutlich wird, dass Aza sehr viel ausprobiert, hätte ich mir gewünscht, dass John Green Aza aus der Gedankenspirale heraushilft und so aufzeigt, welche Möglichkeiten es “hinaus” gibt. Da führte mich auch der Titel “Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken” etwas in die Irre, weil ich erwartete, dass es eine “Entwicklung” gibt.
Das Ende war dann tatsächlich etwas abrupt. Da hatte ich dann den Eindruck, dass John Green schnell fertig werden musste.
SPOILER ENDE
Wer sich aber für psychische Erkrankungen interessiert, sollte unbedingt zu dem Buch greifen. Es freut mich, dass es dir, Marcus, gut gefallen hat.
viele Grüße
Emma
Hi Marcus
Ich hab euch bei mir unter der Rezension verlinkt, ich hoffe das es ok ist, wenn nicht dann einfach melden 🙂
Hallo Nicole,
na klar, das kannst Du gerne machen.