Mit „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ hat Jonas Jonasson Millionen Leser begeistert. Mich auch! Da war ich natürlich sehr erfreut darüber, dass er eine Fortsetzung mit dem berühmten alten Mann geschrieben hat. Wie seinem Vorwort zu entnehmen ist, sah er sich aufgrund der aktuellen politischen Entwicklungen genötigt, Allan nochmal ins Feld zu schicken, obwohl das eigentlich gar nicht geplant war. Ich war sehr gespannt, ob das neue Buch die hohen Erwartungen, die sich aus dem Erfolg des ersten naturgemäß ergeben, erfüllen kann.
Mit einer Ballonfahrt an seinem hundertersten Geburtstag startet Allan mit seinem Freund Julius von Bali aus in sein neues Abenteuer. Unglücklicherweise hat der Besitzer des Gefährts den Start verpasst, so dass die beiden ohne Führung aufs offene Meer hinaus getrieben werden. Das ist aber noch lange keine Situation, die Allan nervös macht. Er hat ja schon so viele scheinbar ausweglose Momente überstanden, das wird diesmal bestimmt auch gut gehen. Dass es ausgerechnet ein nordkoreanischer Frachter ist, der die beiden aus dem Wasser zieht, ist für sie nicht optimal. Für uns Leser aber ist das eine gute Sache, denn wenn Allan Karlsson in der Weltpolitik mitmischt, kann das ja nur amüsant werden.
Bei einer Fortsetzung ist es immer ein Balanceakt: macht man dasselbe wie beim ersten Mal, kann es langweilig werden, weil man das Gefühl hat, man kennt es schon. Jonas Jonasson löst das sehr gut, in dem er nicht mehr von Allans vergangenen hundert Lebensjahren erzählt, sondern die aktuelle Politik kritisch ins Visier nimmt. Die eigentliche Handlung ist dabei herrlich absurd, ernst nehmen darf man die sicher nicht.
Die USA hatten einen Präsidenten mit einer Form von psychischer Störung. In Großbritannien war man im Vorjahr an die Wahlurnen gegangen, nachdem Cameron die rhetorische Frage gestellt hatte: „Wir wollen doch nicht etwa alle Ausländer rausschmeißen, oder?“ Woraufhin er die Antwort bekam: „Doch, das wäre eine tolle Idee!“ In Polen demontierte man die Demokratie, so gut es eben ging. In Ungarn hatte man diese Aufgabe bereits abgeschlossen. (S. 342)
Typen wie Trump, bei denen man ja an sich schon meint, eine lebende Karikatur vor sich zu haben, bieten natürlich eine große Angriffsfläche für Jonassons ironische Sichtweise. Mit Allans nordisch-trockener Art und einer ordentlichen Prise schwarzem Humor nimmt er die größten Wichtigtuer auf die Schippe und hält ihnen den Spiegel vor. Möglich, dass das Buch recht schnell veraltet wirken wird, denn die politischen Vorgänge sind sehr aktuell. Ob man sich da in ein paar Jahren noch an alle Details erinnern wird, wird sich zeigen müssen.
Mit seiner humorvollen Schreibweise hat mich Jonas Jonasson wieder von Beginn an mitgenommen. Allans neuer Abenteuertrip hat allerdings etwas träge begonnen. Nach rund 150 Seiten hat das dann aber angezogen und die unwahrscheinlichen Vorkommnisse und die außergewöhnlichen Begegnungen haben mich bis zum Ende sehr gut unterhalten.
Persönliches Fazit
Der Hundertjährige ist zurück und nimmt mit viel Humor und Ironie zielsicher das aktuelle politische Geschehen ins Visier. Auch wenn es etwas dauert, bis die Geschichte Fahrt aufnimmt, ist „Der Hundertjährige, der zurückkam, um die Welt zu retten“ eine gelungene Fortsetzung, die meine hohen Erwartungen nicht enttäuscht hat.
© Rezension: 2018, Marcus Kufner
Roman
C.Bertelsmann Verlag – ISBN: 978-3-570-10355-5
6.09.2018
Gebunden
448
2 comments
Huhu Marcus,
danke für deine ausführliche Rezension. Ich möchte das Buch auch gerne lesen und es freut mich, dass deine hohen Erwartungen auch vorwiegend erfüllt wurden. Nun freue ich mich noch mehr auf das Buch!
Liebe Grüße, Petra
Hallo Petra,
ich habe das Buch mit einem Schmunzeln und zufrieden zugeklappt. Wenn Dir der erste Trip gefallen hat, bin ich zuversichtlich, dass es dir beim zweiten auch so gehen wird wie mir.
Ich wünsch Dir dabei viel Spaß,
Marcus