Rezension: Glücksreaktor | Max Wolf

by Marcus Kufner
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Glücksreaktor

“Glücksreaktor” von Max Wolf

 

Ein Roman über Freundschaft, Freiheit und die immerwährende Suche nach dem echten Leben. Sommer 1994 in der fränkischen Provinz: Fred ist siebzehn und steht auf Physik, Marihuana und die Freundinnen seiner Mutter. Mit seinem besten Freund Nick entdeckt er den Technoclub Das Boot und Ecstasy, den perfekten Gegenentwurf zur kleinbürgerlichen Tristesse der Erwachsenen. Doch sein Aufbegehren wird zum Kampf gegen die physikalischen Naturgesetze und Fred läuft Gefahr, seinen besten Freund und am Ende sich selbst zu verlieren. [© Text und Cover: Hoffmann und Campe Verlag]

Gerade mal siebzehn Jahre alt ist Frederick, als seine Eltern ihm erlauben, in seine eigene Bude in Erlangen zu ziehen. So viel Freiheit ist in dem Alter ein Traum! Zwar ist die Ein-Zimmer-Wohnung ziemlich klein, aber um mit Freunden abzuhängen, reicht sie völlig. Und für Fred das Wichtigste: er entkommt dem ihm verhassten Spießerdasein, dem sich seine Eltern so vorbildlich hingeben. Es ist ja das Recht der Jugend, gegen die Vorgaben der Erzieher zu rebellieren. Daher will auch Fred seinen Weg selber bestimmen.

Wir werden ein Leben leben, das es Wert ist, gelebt zu werden. Wir werden unseren eigenen Weg gehen. Sollen die anderen doch machen, was sie wollen, sollen die doch wie Ameisen auf einem vorgestanzten Pfad entlangkrabbeln, uns ist das egal, Mann, wir ziehen unser Ding durch. (S. 128)

Solange Fred keine Probleme in der Schule bekommt, scheint sich auch niemand darum zu kümmern, was er so treibt. Mit seinen Kumpels raucht er in seiner Bude alles, was er in die Finger bekommt. Als er zum ersten Mal mit einer Freundin zum Raven geht, wird das genau sein Ding. Von einem Club zum anderen ziehend, schnallt er bald, dass man das Wochenende von Freitag bis Montag Früh durchmachen kann. Feiern, das so ersehnte Leben ganz nah spüren, das empfindet er bei der Musik, den Vibes, und mit weiteren Drogen. Ohne Speed oder Koks würde er das nicht schaffen. Sein Verhalten reflektiert er dabei zu keiner Zeit. Selbst als sein bester Freund aus dieser Abwärtsspirale aussteigt, hinterfragt er seinen Lebenswandel nicht. Es ist sehr angenehm, dass Max Wolf dabei ganz ohne den erhobenen Zeigefinger auskommt, um die Leser vor Drogenmissbrauch zu warnen.

 

Glücksreaktor

“Glücksreaktor” von Max Wolf

 

Fred ist der Ich-Erzähler in diesem Buch. Entsprechend ist auch die Ausdrucksweise jugendlich und einfach. Physik, die er im Leistungskurs absolviert, ist sein Steckenpferd. Immer wieder lässt er Begriffe aus diesem Bereich in Vergleiche einfließen. Das schafft in einigen Abschnitten eine ganz eigene Atmosphäre und bringt eine besondere Note in die ansonsten recht simple Sprache. Wenn ich mir dazu noch House-Music auf die Ohren gebe, fühle ich mir Fred ziemlich nahe.

Das ist das erste Mal, dass ich zu dieser Musik tanze. Das ist mein erstes Mal raven. Der Sound gibt richtig Druck, ich bin monstermäßig aufgeputscht, die Bindungskräfte in meinem Körper werden immer schwächer, ich stehe kurz vorm Auseinanderfliegen, zentrifugal, tangential, pillateral, gleich zerberste ich in meine Einzelteile vor Freude und Energie.“(S. 44)

Die Dramaturgie des Buchs lässt mich ziemlich ratlos zurück. Es gibt ein paar Wiederholungen zu viel, wie beispielsweise Freds Abneigung gegen all die Spießbürger da draußen. Zu Beginn ist das ja angenehm reaktionär, nutzt sich dann aber irgendwann ab. Zwar steigert sich die Intensität von Freds Feierexzessen ganz langsam, auf die eine oder andere Wendung in der Story hatte ich während des Lesens vergeblich gehofft.

 

Persönliches Fazit

Glücksreaktor“ nimmt uns mit auf eine Zeitreise in die 90er und lässt uns in die Raverszene eintauchen. Mit der jugendlichen Sprache und der passenden Musik auf den Ohren kann ich mich da sehr gut hineinfühlen und die Atmosphäre aufsaugen. Allerdings bleibt die Dramaturgie ziemlich flach, auf die eine oder andere Wendung wartete ich leider vergebens.

© Rezension: 2018, Marcus Kufner

 

Glücksreaktor Book Cover Glücksreaktor
Max Wolf
Roman
Hoffmann und Campe Verlag – ISBN: 978-3-455-00439-7
14.08.2018
Gebunden
256
www.hoffmann-und-campe.de
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