“Nichts ist vorgefallen. Wir haben uns nie wieder gesehen.“
Ein Satz, der Neugier weckt und schon die Zwickmühle des Romans und der Freundschaft zwischen den vier jungen Frauen Fanny, Elsa, Marie und Lenica repräsentiert. Jedes Jahr fahren Elsa, Marie und Fanny zusammen an die Atlantikküste und verbringen die Sommerferien im Ferienhaus von Elsas Familie. Dort treffen sie Lenica, die im Ort zu Hause ist. Sie schwimmen, sie frühstücken leidenschaftlich gerne Croissants mit Milchkaffee, vertrödeln ihre Zeit in der Hängematte im Garten und genießen die Ruhe und Vertrautheit ihrer Gemeinschaft. Jeder Sommer ist magisch für sie. Auch als Leser*In fühlt man förmlich die Sonne auf der Haut und würde am liebsten gleich mit den drei Freundinnen ins Auto steigen und zu Lenica fahren.
Vor allem für Elsa, die ich-Erzählerin des Romans, zehrt von den Wochen am Atlantik besonders lange. Die Verbindung zwischen ihr und Lenica wird als besonders eng, vertraut und liebevoll beschrieben.
Sobald wir uns auf dem Felsen wiedertrafen, war alles wie immer. Ich weiß nicht, wann ich gemerkt habe, wie sehr ich sie in der Zwischenzeit vermisste.
Es war keine Seelenverwandtschaft. Es war viel mehr.
Doch wie eine Damoklesschwert hängt eine Frage über dieser Harmonie: Warum kam es zum Bruch zwischen den vier Freundinnen?
Rücksprünge dröseln langsam die Vergangenheit auf
Die Hauptgeschichte spielt in der Gegenwart, die Freundinnen Elsa, Fanny und Marie sind schon über 50 – und haben sich seit Jahren nicht mehr gesehen. Dann treffen sie wieder aufeinander und müssen erst einmal aufarbeiten, was sie so plötzlich nach dem letzten, magischen Sommer zusammen getrennt hat. Jede hat ihr eigenes Leben aufgebaut, doch hat die drei Freundinnen immer mitgetragen.
Durch viele Rückblicke in der Zeit wird nach und nach aufgedröselt, wie die Zeit zusammen ihr ganzes Leben beeinflusst hat. Die letzte Wendung, die das Schicksal der Frauen verändert, wird etwas schnell verarbeitet und mit den Erinnerungen an die Vergangenheit übertüncht. Das Buch weckt aber viele wohlige Emotionen und entführt die Leser*innen kurz in den Urlaub.
Das Buch von Julia Holbe ist wie ein Kammerspiel.
Zwar spielt es nicht nur in dem einen Ferienhaus, das eine sehr große Rolle für die Protagonistinnen spielt, sondern sogar in mehreren Ländern. Doch liegt der Fokus des Buchs auf einem Abschnitt des Lebens der Frauen, der alles verändert und geprägt hat. Die Zeitsprünge machen das Buch lebendig und dynamisch und ein bisschen weckt das auch das Rätselfieber, weil sich nach und nach auflöst, warum die Vergangenheit so einen Einfluss auf die Gegenwart hat. Manche schicksalhafte Wendung ist auch dabei.
Besonders hat mir der Aspekt gefallen, dass die Freundschaft der Frauen die emotional wichtigste Bindung ist, die im Vordergrund steht. Natürlich fehlt auch die Liebe nicht. Aus der Reihe der vertrauensvollen, liebevollen Beziehungen fällt die Liebesgeschichte mit dem einzigen Mann unter den Protagonist*Innen. Hier habe ich eine toxische Beziehung gesehen, eine emotionale Achterbahn, die vielleicht viele Leser*Innen schon selbst durchleben mussten. Ich persönlich finde das Konzept des Buches sehr spannend, es zieht die Leser*Innen in den Bann und man möchte wissen, ob es ein Happy End für alle geben kann.
@ 2020, Markene Gempp
Blogtransparenz: unbezahlte und unbeauftragte Werbung, Presseexemplar
Roman
Penguin Verlag | ISBN: 978-3-328-60110-4
16.03.2020
Hardcover mit Lesebändchen
320 Seiten
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