Bill Bryson | Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge

by Marlene Fuchs
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Cover: Bill Bryson | Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge

Bill Bryson hat sich in seinen vier Wänden umgesehen und sich gefragt: Warum leben wir eigentlich, wie wir leben? Warum stehen ausgerechnet Salz und Pfeffer auf dem Tisch, und weshalb hat unsere Gabel vier Zinken? Aber es bleibt nicht bei Geschichten von Bett, Sofa und Küchenherd. Die Geschichte des Heims ist auch immer eine der großen Entdeckungen und Abenteuer: ohne die Weltausstellung in London gäbe es womöglich kein Wasserklosett und ohne die großen Entdecker weder Kaffee noch Tee oder Kakao zum Frühstück. Bill Bryson zeigt uns unser Heim, wie wir es noch nie gesehen haben. Und wir verstehen ein wenig mehr, warum es so ist, wie es ist. [Text + Cover: © Goldman Verlag]

Bill Bryson möchte also unseren Alltag auseinander nehmen, ohne einen Fuß vor die Tür seines Hauses in der englischen Provinz zu setzen. Sein Rückschluss: Er wandert von der Haustür bis zum Dachboden, schaut sich um und erklärt die Entstehung der Dinge und Räume, die er sieht. Das Buch ist zentriert auf die englisch-amerikanische Geschichte. Und beschränkt sich mit einigen Exkursen auf das 18. und 19. Jahrhundert, da diese Zeit laut des Autors unseren modernen Alltag am meisten geprägt hat. In jener Zeit leben möchte man nach der Lektüre der „Kurzen Geschichte“ eher nicht. Außer man schafft es, gefeierter Architekt zu werden.  Doch mehr will ich dazu lieber nicht verraten.

Alle Bereiche des Lebens werden gestreift

Möbel, Mode, Sex, Familienkonstrukte, Biografien von wenig beachteten Pionieren – nichts bleibt in diesem Buch unangetastet. Bill Bryson verspricht Wissen zu vermitteln, ohne Wissenschaftsdünkel. Darum sind seine Sachbücher auch so leicht lesbar wie Romane. Nur, dass seine Heldinnen und Helden reale Personen der Vergangenheit sind. Manchmal driftet die Erzählung, warum eine Gabel vier Zinken hat oder die Tapete an die Wand geklebt wird, etwas ab und berichtet den Familienstammbaum des Erfinders oder der Erfinderin in vielen Einzelheiten.

Auch springt die Erzählung in der Zeit. Es ist kein chronologischer Zeitstrahl, sondern strukturiert sich durch den Spaziergang durch das Haus. Dadurch kann es schon vorkommen, dass man sich auf einer Seite im 17. auf der nächsten Seite aber schon im 19. Jahrhundert befindet.

Humoristisch nimmt Bill Bryson auch die Moralvorstellungen aus dieser Zeit aufs Korn. Unglaublich scheint es ihm, dass die Menschheit sich so überhaupt fortpflanzen konnte. Und der Leser kann manchmal auch nur schmunzeln.

Roter Faden fehlt ein wenig

Aber auch ernste Themen wie Seuchen, Medizin und Tod fehlen nicht, bei all der überwiegenden Leichtigkeit der Erzählweise. Wer sich vor diesen Stellen gruselt, kann die Kapitel überblättern, ohne den Faden des Buches zu verlieren. Denn einem wirklichen Faden folgt die „Kurze Geschichte“ nicht. Außer eben dem Haus. Reinstöbern, Kapitel überspringen, vor- und zurückblättern ist daher anders als bei Romanen oder Reiseberichten möglich.

Faszinierend ist vor allem das umfassende Wissen, das sich Bill Bryson durch unzählige Stunden in Bibliotheken und Archiven zusammengesammelt haben muss. Auch findet er immer wieder kleine Geschichten am Rande der Haupterzählung, die zum Lachen oder Nachdenken anregen. Wie etwa der Tagesablauf einer Hausdame oder eines Butlers in einem englischen Herrenhaus, die im Hintergrund reibungslos funktionieren mussten. Oder die unglaubliche Erfindungslust einzelner Personen, die nicht nur einen Aspekt des Lebens, wie etwa die Architektur sondern gleichzeitig auch die Elektrizität mitgeprägt haben.

Schnell kommt da die Frage auf: Könnte ich das auch erfinden? Sollte ich mal wieder weniger Serien schauen und mehr grübeln, zeichnen, schreiben und recherchieren? Und die Antwort am Ende des Buches? Ja, warum nicht! Vieles entstand durch Zufall. Oder ich lese einfach noch mehr Sachbücher…

Persönliches Fazit

Das Buch von Bill Bryson ist unterhaltsam und sehr lehrreich. Wie auch all seine anderen Bücher. Alle Fakten, Namen, Ereignisse und Zusammenhänge kann man sich auf keinen Fall merken. Da sollte man sich keine Illusionen machen bei der Lektüre. Zumindest geht es mir so. Trotzdem ist es schön, in die Welt der alltäglichen Dinge einzutauchen und einen Blick auf ihre Entstehung zu werfen. Das ein oder andere wird sicher hängen bleiben oder beim nächsten Plausch mit Freund:innen zum Gesprächsstoff werden. Seine Reiseberichte „Frühstück mit Kängurus“ und „Picknick mit Bären“ haben mir persönlich aber viel besser gefallen. Die autobiografischen Bücher vermischen ebenfalls interessante Fakten und Hintergrundwissen mit vielen humoristischen Erlebnissen und sind definitiv eine (mehrfache) Lektüre wert. Von Bill Bryson gibt es noch mehr Sachbücher. Und wer Wissen plus Unterhaltung sucht, ist hier richtig.

@ 2021, Marlene Gempp
Blogtransparenz: unbezahlte und unbeauftragte Werbung, das Buch wurde selbstgekauft. 

 

 

Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge Book Cover Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge
Bill Bryson | übersetzt aus dem Englischen von Sigrid Ruschmeier
Sachbuch
Goldmann Verlag | ISBN: 978-3-442-15755-6
Taschenbuch
640 Seiten
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