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Emily St. John Mandel wurde in Kanada geboren, studierte Tanz in Toronto und lebt heute mit ihrer Familie in New York. Mit ihrem letzten Roman „Das Licht der letzten Tage“ war sie für den National Book Award nominiert und feierte einen weltweiten Publikums- und Presseerfolg. Ihr neuer Roman Das Glashotel stand auf der The New York Times-Bestseller-Liste und ist nun in der Übersetzung von Bernhard Robben bei Ullstein erschienen.
Psychedelisch und Diffus
Ich sitze hier und starre auf dieses Buch. Auf dem psychedelisch anmutendem Cover eine Meeresbucht im diffusen Morgenlicht, eine Bergsilhouette ragt im Hintergrund aus dem von der Morgensonne rötlich verfärbten Dunst auf und ich merke, wie meine Gedanken direkt verschwimmen. Besser konnte dieses Cover nicht zur Geschichte gewählt werden, über der ein beinahe undurchdringlicher Nebel zu wabern scheint, der sich nach und nach lichtet. Ich finde Nebellandschaften faszinierend, liebe dieses diffuse Licht, das Schemenhafte. Wenn der Nebel aufsteigt, werden die Konturen schärfer und dann tritt plötzlich alles glasklar hervor.
Die Geschichte, die sich hinter diesem Cover verbirgt, hat mich herausgefordert, anfangs erschien mir der Nebel eindeutig zu dicht und ich dachte zuerst, da finde ich mich nie zurecht. Aber wieder einmal merkte ich. dranbleiben lohnt sich!
Ein Roman über Lebensentscheidungen und ihre Folgen
Emily St. John Mandel thematisiert in „Das Glashotel“ unter anderem die globale Finanzkrise 2008, ausgelöst durch den Zusammenbruch der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers. Im Dezember 2008 wurde Bernard „Bernie“ Madoff verhaftet, der jahrzehntelang einen Investmentfonds nach einem Ponzi-Schema betrieben hatte. Das Schneeballsystem flog auf und etwa 4800 Investoren verloren ihr Geld, Existenzen gingen zugrunde. (siehe auch Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Bernard_L._Madoff). In ihrem Roman ist es der Anlagebetrüger Jonathan Alkaitis, dessen Machenschaften auffliegen. Mit seiner Verhaftung werden wird das Schicksal vieler Menschen besiegelt. Und genau um diese Menschen geht es letztlich.
Ein kunstvolles Mosaik aus menschlichen Schicksalen
Alkaitis ist der Grund, der all die vielen Personen miteinander verbindet, aber er ist nicht die Hauptperson des Romans. Tatsächlich sind sie alle gleichgestellt in ihren individuellen Schicksalen. Da ist Vincent, die Barkeeperin des 5*****Hotels Caiette mitten in der kanadischen Wildnis, die schon früh ihre Mutter verlor und rastlos, entwurzelt ihren Platz im Leben sucht. Ihr Halbbruder Paul, der unsicher und geplagt von schlechtem Gewissen immer wieder zu Drogen greift. Oskar, der wissentlich seinem Chef zum Betrug verhilft. Walter, der Nachtmanager des Hotels Caiette. Leon Prevant … Sie alle sind rastlose Opportunisten, die wissen, die Hebel zu ihrem eigenen Vorteil zu nutzen. Verfolgt von den (fatalen) Entscheidungen, die sie getroffen haben, erschaffen sie sich Parallelwelten, in die sie flüchten.
Was bedeutete es schon, ein Gespenst zu sein, was, dort zu sein oder hier? Es gab so viele Möglichkeiten, einen Menschen oder ein Leben heimzusuchen.
Stellt euch das Leben all der Charaktere zerlegt in kleinen Puzzleteilen vor, über die Kapitel verteilt – Stück für Stück fügt sich zusammen. Aber man muss sich konzentrieren und auf die Details achten. Um die Zusammenhänge zu erkennen, muss man sie alle im Blick haben. So wandelt Emily St. John Mandel auch hin uns her zwischen Charakteren und Zeit, greift hier einen Moment auf, schwenkt wieder zur anderen Personen, kehrt zurück, stellt Verbindungen her und erschafft so ein kunstvolles Bild aus menschlichen Schicksalen.
Ruhig und einprägsam
Das Glashotel ist ein ruhiges, wunderschön geschriebenes, kompliziert aufgebautes Mosaik von Erzählungen. Eine faszinierende und einprägsame Lektüre voll kühler Eleganz, auf die man sich aber einlassen können muss. Ich hatte große Schwierigkeiten zu Beginn und war tatsächlich kurz davor, diese Geschichte abzubrechen. Der Nebel erschien mir zu dicht, die Puzzleteile nicht zusammengehörig.
Doch nach einer kleinen Pause habe ich das Buch erneut zur Hand genommen und und plötzlich konnte ich den Zugang zu der Geschichte und den Charakteren finden. Und wieder ist es wie ein einem richtigen Puzzle. Wenn man einmal das richtige Teil gefunden hat, dass das Vorankommen blockierte, dann läuft es plötzlich.
Sehr lesenswert!
@ 2021, Alexandra Stiller
Blogtransparenz: bezahlte Kooperation mit dem Ullstein Verlag / Presseexemplar
Kooperationen beeinflussen in keiner Weise meine Meinung zum Buch.
Roman
Ullstein Verlag | ISBN: 9783550201820
30.08.2021
Hardcover mit Schutzumschlag
400 Seiten
www.ullstein-buchverlage.de
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