Ein Murakami ist ein Murakami bleibt ein Murakami
Vor allem auf Instagram konnte man in letzter Zeit spüren, wie die Spannung steigt, es vibrierte regelrecht. Um sich die Zeit zu verkürzen, wurde viel über die vorherigen Romane Murakamis geredet, diskutiert und in Erinnerungen geschwelgt. Unter dem Hashtag #murakamicountdown – von der wunderbaren Sarah (http://pinkfisch.net) ins Leben gerufen – fanden Gleichgesinnte zueinander und es wurde geschwärmt und gefeiert.
“Wenn es windig war, waberten die Wolkenfetzen tief an den Hängen der umliegenden Berge entlang wie verirrte Geister aus der Vergangenheit auf der Suche nach verlorenen Erinnerungen.” (S. 11)
Wir verfolgten diese losen, zum Teil sehr seltsamen und skurril anmutenden Stränge, diskutierten darüber und verwarfen unsere Ideen und Thesen immer wieder aufs Neue. Wir waren gleich zu Beginn wieder von diesem besonderen “Murakamiflow” gefangen.
Wir wurden uns einig, dass die relativ oft ins Spiel gebrachten Sexszenen auch sehr typisch für den Schriftsteller sind, diese aber eher seltsam und verstörend anmuten, ebenso des Ich-Erzählers Drang, über kleine und große Brüste zu sinnieren…
Wir überlegten, woran es liegen könnte und noch während wir uns schrieben kam plötzlich das große BÄMMM! Die Erkenntnis traf wie ein Vorschlaghammer.
„Plötzlich erkannte ich, dass ich mich Menshiki näher fühlte als jemals einem anderen Menschen zuvor. Ich konnte es als ein Gefühl geistiger Verwandtschaft oder sogar Verbundenheit bezeichnen.“ (S. 409)
“Man sollte die Augen weit aufmachen und genau hinschauen. Sein Urteil sollte man später fällen.” (S. 402)
Auch in diesem Roman spielt die Musik wieder eine große Rolle, wie so oft bei Murakami. In diesem Fall liegt das Augenmerk stark auf Opern und auf der klassischen Musik, aber unser Held hört natürlich auch hier wieder sehr gerne Jazz. Es blieb einfach nicht aus, eine Playlist anzulegen. Florian und ich machten uns gegenseitig auf die Titel aufmerksam und lauschten nebenbei der Musik. Die Playlist ist bunt gefüllt und reicht von Sheryl Crow, The Modern Jazz Quartett, über Thelonious Monk bis hin zu Mozart, Puccini, Franz Schubert, Richard Strauss und Mendelssohns Oktett.
Natürlich wurde auch dieser Roman wieder von der fabelhaften Ursula Gräfe übersetzt, eine wahrlich bewundernswerte Übersetzerin! Bei der ersten LitBlog Convention in Köln durfte ich einer Session beiwohnen, in der sie über Ihre Murakami-Übersetzungen sprach. Wie man sich so sehr in einen Schriftsteller hineinversetzen kann, um seinen Stil, seine Gedanken und Emotionen in der Übersetzung aufgreifen zu können, wobei Japanisch auch sicher alles andere als leicht zu übersetzen ist. Einfach immer wieder faszinierend! Auf dem Blog Masuko13 könnt Ihr ein sehr interessantes Interview mit der Übersetzerin Ursula Gräfe und der Dumont Vertriebsleiterin Imke Schuster lesen.
“Metapher bleibt Metapher, Verschlüsselung bleibt Verschlüsselung, und ein Sieb bleibt ein Sieb” (S. 425)
“Der Strudel, der mich umwirbelte, wurde immer reißender. Und ich konnte mich ihm nicht mehr entziehen. Es war bereits zu spät. Und dieser Strudel war völlig lautlos. Seine außergewöhnliche Stille machte mir Angst.”
Die Emordung des Commendatore 1 – Eine Idee erscheint | Haruki Murakami | Dumont Buchverlag
Aus dem Japanischen übersetzt von Ursula Gräfe | Originaltitel: Kishidanchō goroshi
gebunden | 480 Seiten | ISBN 978-3-8321-9891-6 | 1. Auflage mit Farbschnitt
Ihr könnt das Buch auch bei Florian bestellen: Online-Shop Buchhandlung Stephanus
6 comments
Sehr toller Beitrag, den ich mit Spannung gelesen habe.
Ich habe meinen ersten Murakami noch vor mir, fühle mich nun aber irgendwie infiziert von eurem Schwärmen, von Sarahs tollen Beiträgen und habe das Gefühl dank euch dem Autor zum ersten Mal so richtig begegnet zu sein.
Liebe Grüße,
Nanni
Danke für diese tolle Buchbesprechung und den Einblick in euren #buddyread! Ich habe bisher noch keinen Murakami gelesen… Langsam habe ich aber das Gefühl, dass ich dies unbedingt tun sollte!
Liebe Nanni,
vielen lieben Dank, das freut uns sehr! Das ist ganz, ganz toll! Hast Du schon ein Buch des Autors? Ich würde evtl. mit “Naokos Lächeln” oder “Südlich der Grenze, westlich der Sonne” starten. Wenn du beginnst, lass es mich wissen, ich bin sooooo gespannt, ob und wie dir dein erster Murakami gefällt! <3
Ganz liebe Grüße,
Alexandra
Liebe Sarah,
das freut uns sehr, dass dir der Einblick gefallen hat und du auch Lust auf einen Murakami bekommst! <3
Ich würde dir evtl. gerne “Naokos Lächeln”, “Kafka am Strand” oder “Südlich der Grenze, westlich der Sonne” empfehlen.
Lass es uns wissen, wie es dir gefallen hat, wenn du deinen ersten Murakami gelesen hast! 🙂
Liebe Grüße, Alexandra
Liebe Nanni,
noch eine Ergänzung: “Kafka am Strand” wäre auch eine super Empfehlung zum Einstieg 🙂 <3
Liebe Alex,
vielen Dank für deine Tipps. Dann muss ich wohl doch erst shoppen gehen, denn in meinem Regal steht nur “Gefährliche Geliebte” 😀
Liebe Grüße,
Nanni