Marianengraben – das Debüt von Jasmin Schreiber
Zwei Jahre lebt Paula quasi wie betäubt. Der Moment, in dem sie von Tod ihres kleinen Bruders Tim erfährt, ist so lebendig in ihrem Alltag, wie an dem Tag, an dem ihre Mutter sie aus dem Urlaub anrief , um die schreckliche Nachricht zu überbringen. Ihr Bruder, der das Wasser und Fische über alle Maße faszinierend fand, ist im Badeurlaub mit den Eltern ertrunken. Paula selbst studiert und konnte nicht mit in den Urlaub. Ein Fakt, den sie sich nicht verzeihen kann. Hätte sie die Notsituation ihres Bruders erkannt? Würde er noch leben, hätte sie sich nicht um ihr Studium gekümmert, das ihr auf einmal so absurd unwichtig vorkommt?
„Bitte hab nicht an mich gedacht!“
Immer wieder geht sie in ihren Gedanken den letzten Moment von Tim durch, kann das Karussell nicht durchbrechen. Auch eine Therapier hilft ihr nicht wirklich, sie kann den großen Verlust in ihrem Leben einfach nicht in Worte fassen. Sie fühlt sich verloren, so tief, als tauche sie durch die tiefste Meeresschlucht, in der ihr Bruder doch so gerne Fische entdeckt hätte.
Doch eines Tages entscheidet sie sich dafür, das Grab ihres Bruders zum ersten Mal seit der Beerdigung zu besuchen. Aber vor Fremden mit ihrem Bruder reden? Nein, danke. Also entwirft sie einen Plan, nachts auf dem Friedhof ihrer Heimatstadt einzusteigen. Ob ihr das helfen kann, wieder einen nahezu lebenswerten Alltag zurückzugewinnen, kann sie nur vage hoffen.
Unverhoffter Road Trip mit Rentner, Hund und Huhn
Dass sie nicht dir einzige sein wird, die sich nachts auf dem Friedhof der Trauerarbeit widmen würde, erkennt sie erst, als sie am Grab ihres Bruders sitzt und Helmut beobachtet, der eine Urne klaut.
Eine aberwitzige Reise quer durch Deutschland beginnt, voller skurriler, lustiger und aufreibender Momente. Ein Rätsel, das Jasmin Schreiber in den Kapitelnamen versteckt, ist besonders raffiniert. Im Moment, in dem man diese Andeutung versteht, versteht man die Protagonistin Paula auch noch mehr.
Marianengraben bereichert ungemein
Es klingt etwas klischeehaft, aber es stimmt. Bei der Lektüre von Marianengraben habe ich gelacht und geweint. Das Buch schafft es, ein so schweres Thema wie der Tod eines Kindes leicht zu vermitteln. Alle, die einen Verlust erlebt haben, werden sich verstanden fühlen. Allen, denen so eine Erfahrung noch erspart geblieben ist, vermittelt das Buch einen Einblick in die Gedanken von Trauernden und Schuldgefühlen. Ein Buch, das man nicht mehr aus der Hand legen will und das bereichert.
@ 2020, Marlene Gempp
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Weitere Besprechungen:
- Hier auf dem Blog findet ihr noch eine weitere Meinung, denn Marcus hat Marianengraben ebenfalls gelesen > Link zur Rezension
- buchsichten.de > Link zur Rezension
- leckerekekse.de > Link zur Rezension
- poesierausch.com > Link zur Rezension
Roman
Eichborn Verlag | ISBN: 978-3-8479-0042-9
2020
Gebunden mit Umschlag & Leseband
256 Seiten
www.luebbe.de
2 comments
ich werde es mir anschauen, danke…
lg wolfgang
[…] (hier und […]