Wir schreiben das Jahr 2200. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs Enterprise, das mit seiner 400 Mann starken Besatzung 5 Jahre unterwegs ist, um fremde Galaxien zu erforschen, neues Leben und neue Zivilisationen. Viele Lichtjahre von der Erde entfernt dringt die Enterprise in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat.
Im letzten Monat feierte das Bücherkaffee sein fünfjähriges Bestehen.
Ganze fünfzig Jahre ist es her, daß diese berühmten einleitenden Worte zum ersten Mal aus dem Fernseher zu hören waren (Erstausstrahlung 1966 “Star Trek” in den Vereinigten Staaten). Sie stehen am Beginn einer jeden Episode der Serie Star Trek (“Raumschiff Enterprise” in der deutschen Übertragung). Anläßlich des Jubiläums wurden vielerlei Betrachtungen über die Einflüsse dieser Space Opera auf Fernsehen, Kino, Wissenschaft und Technologie angestellt. Im kollektiven Unterbewußtsein sind die Abenteuer um Kirk, Picard und ihre Kollegen bereits derartig stark verankert, daß kaum eine Zeitung, kaum eine Nachrichtensendung dieses Jubiläum ignorieren konnte. So wurde vielfach die Biographie des Erfinders Gene Roddenberry skizziert, der mit seiner pazifistischen Vision gesellschaftliche Tabus brach.
Die Führungsriege der Enterprise ist kosmopolitisch unter anderem mit einem Russen, einem Japaner, einer Frau mit schwarzer Hautfarbe und sogar einem Außerirdischen besetzt – und das in Zeiten, in denen die Kuba-Krise noch frisch in Erinnerung war und der Kalte Krieg heiße Ressentiments schürte. Vielfach wurde berichtet über den einen Filmkuß zwischen zwei Charakteren unterschiedlicher Hautfarbe in der Episode “Platons Stiefkinder”, über die unterschiedlichen Spezies (von denen Vulkanier und Klingonen wohl die bekanntesten sind), über die unterschiedlichen Interpretationen einer fiktiven zukünftigen Welt beim Entwurf jeder neuen Serie. Schließlich gilt Star Trek als Inspirationsquelle für heute gebräuchige Technolgien wie Mobiltelephon und Tablet-PC.
Meine persönlichen Gedanken gelten daher kleinen Ausschnitten dieses riesigen Geschichtenuniversums, das ständig durch TV-Serien, Filme, Bücher und Beiträge aus dem Bereich Fan-Fiction erweitert wird. Im folgenden widme ich mich einzelnen Episoden, die ich für erachtenswert halte:
Star Trek: “Kenn Sie Tribbles?” (Staffel 2, Episode 15):
Eine der berühmtesten und meistausgestrahlten Episoden ist zugleich eine, in der die Auseinandersetzung mit unbekannten Lebensformen nicht ganz so ernst genommen wird. Lieutenant Uhura erwirbt von einem Händler ein handtellergroßes pelziges Tierchen, das der Spezies der Tribbles angehört. Diese Wesen wirken leicht unbeholfen, geben Piepslaute von sich und wecken somit den menschlichen Beschützerinstinkt. Außerdem vermehren sie mit hoher Geschwindkeit, sodaß sie sich rasch zu einer wahren Plage entwickeln. Aus heutiger Sicht könnte man meinen, Star Trek habe mit dieser Episode bereits den Film “Gremlins” oder das Phänomen der Katzenvideos im Internet vorhergesehen.
Star Trek: Das nächste Jahrhundert: “In den Händen der Borg” / “Angriffsziel Erde” (Staffel 3, Episode 26, Staffel 4, Episode 1):
Wenn man das inflationär gebrauchte Attribut “Klassiker” verwenden darf, dann bei Star Trek für diese Doppelepisode. Die Borg, die bis zu diesem Punkt der Geschichte gefährlichsten Feinde der Föderation, verursachen Ängste, die wahrhaft unter die Haut kriechen. Bis dahin haben wir sie als unerbittliche Zerstörungsmaschinen kennengelernt, die ganze Siedlungen auslöschen und sich vermehren, indem sie andere Wesen mit kybernetischen Implantaten ausrüsten und sie somit zu ihresgleichen machen. Nun erfahren wir zum ersten Mal, was das genau bedeutet: Die verzweifelten Verteidigungsmaßnahmen der Enterprise bleiben wirkungslos, die Führungsoffiziere müssen hilfos zusehen, wie Captain Picard, ein humanistisch gebildeter Gentleman von den Borg assimiliert und seiner Seele beraubt wird. Fortan wird er als Locutus ein Teil des Kollektivs sein und die Unterwerfung der Menschheit vorantreiben.
Selten war Star Trek schauriger.
Star Trek: Das nächste Jahhrundert: “Sherlock Data Holmes” / “Das Schiff in der Flasche” (Staffel 2, Episode 3 und Staffel 6, Episode 12)
Eine der nützlichsten Erfindungen im Star Trek-Universum war das Holodeck, in dem mittels dreidimensionaler holographischer Projektion sämtliche fiktiven Szenarien erzeugt werden konnten, quasi Virtual Reality ohne Brille. Eben weil man mit diesem narrativen Werkzeug nicht ganz erstzunehmende Geschichten erzählen, teure Kulissen sparen oder einfach nur Möglichkeiten ausprobieren konnte, spielen einige der interessantesten Episoden auf dem Holodeck, so auch diese beiden. In seiner Freizeit schlüpft der Androide Data in die Rolle von Sherlock Holmes, löst jedoch sofort alle Fälle, weil er den Inhalt sämlicher Doyle-Romane kennt. Der Computer wird daher angewiesen, einen Gegner zu kreieren, der es mit Data – anstelle von Holmes und Watson – aufnehmen kann. Die sprachliche Unschärfe erweist sich als folgenschwerer Fehler, denn der neu erschaffene Dr Moriarty muß somit nicht mehr den Grenzen der Welt des Sherlock Holmes genügen. Er wird sich seiner Eigenschaft als Romanfigur in einem fiktiven Szenario auf einem Raumschiff im 24. Jahrhundert bewußt und fordert nichts Geringeres als sein Naturrecht auf Existenz.
Die erste Episode und auch jene, in der irrtürmlich das Programm neu gestartet wird und Dr Moriarty erneut die Enterprise bedroht, servieren philosophische Überlegungen im Gewand der Populärkultur. Sie loten die Grenzen der Wirklichkeit aus, hinterfragen leichtfertig gebrauchte Begriffe wie Bewußtsein und Existenz und leuchten in den Gedanken nach, auch wenn der Fernseher bereits ausgeschaltet ist.
[to be continued…]
Welches sind eure liebsten Star Trek-Episoden und was verbindet ihr mit ihnen?
© Wolfgang Brandner
verwendetes Bildmaterial: © http://kaboompics.com
2 comments
Noch kein Kommentar? Na dann mach ich das mal.
Lieblingsfolgen (leider nicht immer mit Titel oder Episodennummer), die Reihenfolge ist dabei kein Ranking:
1. Tribbles.
Sowohl die TOS- als auch die DS9-Episode. Vielleicht einfach, weil ich Tribbles liebe. Und von Klein auf wollte ich diejenige sein, die oben in der Kulisse sitzt und Shatner mit Plüschtieren bewirft.
2. Garak, Julian und Martok in Gefangenschaft (DS9):
Ich weiß nicht genau, warum ich die Folge so liebe. Aber Garak finde ich faszinierend und hier zeigt er zum ersten Mal eine wirkliche Schwäche. Und Julian kümmert sich unglaublich niedlich um ihn. Ich bin niemand, der die beiden shipt, das nicht. (Nicht, dass ich etwas dagegen hätte, aber Julian ist halt dauerverliebt in jede Form von Dax, da funkt man doch nicht dazwischen.) Aber diese Freundschaft zwischen den beiden, obwohl man Garak als Person eigentlich nicht greifen kann, ist spannend.
3. Operation Annihilate/Amok Time (TOS)
Ich sehe Spock gern ein wenig geschwächt, es gibt dem Charakter mehr Tiefe. Und in beiden Folgen wird das wunderbar eingebunden. Außerdem ist Spock nach Amok Time ungebunden – und ja, ich gebe zu, hier shippe ich dann doch. (Immerhin hat Roddenberry selbst mal gesagt, dass das zwischen den beiden Liebe und möglicherweise auch körperlich ist. Ich bin halt ein Fangirl.)
4. Reise nach Eden (TOS)
Auch wenn die Hippie-Bewegung hier ziemlich schlecht wegkommt, am Ende, mochte ich den Aufbau der Folge. Die Suche nach einem Ort, an den man gehört, dann die Lieder zwischendurch. Und hier hat Chekov mal mehr Hintergrund bekommen, als immer nur die Lachnummer zu sein (Scotch wurde von zwei alten Mütterchen in Leningrad erfunden).
5. Jadzias und Worfs Hochzeit (DS9):
Ich mag generell alles, wo Jadzia eher klingonisch rüberkommt, obwohl sie Trill ist. Sie hat mich als Kind sehr geprägt, gezeigt, dass auch Frauen Männern den A…llerwertesten aufreißen können, und ich glaube, sie hat mich damit zu einer Feministin (wenn auch nicht Hardcore wie Schwarzer und Co.) gemacht. Meinen Kampfgeist habe ich von ihr. Und auch, wenn ich sie lieber mit Julian gesehen hätte, fand ich die Hochzeit doch klasse gemacht und ihr Kleinkrieg mit der Dame des Hauses Martok war göttlich.
6. Chakotay und Janeway gestrandet (VOY, irgendwann Staffel 2)
Ich gebe zu, hier habe ich immer gehofft, dass etwas passiert. Aber auch abseits eines Pairing-Gedankens fand ich die Folge sehr gut. Tuvok als Kommandant, der Abschied vom Kommandoteam, und auch mal der Siedlungsaspekt. Ich fand immer schade, dass es keine längere Beschäftigung mit dem Thema der Pioniere gab. Eine Mini-Serie über die Erschließung eines neuen Planeten, statt nur mal einzelne Folgen, hätte ich schön gefunden, das wäre immer mein Traum gewesen, wäre ich in der Lage, ins All hinaus zu fliegen.
7. Q
Ich liebe Q einfach. Er ist frech, arrogant, gleichzeitig Mistkerl und doch manchmal einfach nur liebenswürdig.
Ich könnt noch viel mehr aufzählen, aber dann wird der Kommentar sicher zu lang, also soll es das jetzt mal gewesen sein.
Gern weitere Star Trek-Blogeinträge 😉
LG
Taaya von Let 'em eat books
Liebe Taya,
vielen Dank für Deinen ausführlichen Kommentar.
Ich muß ja gestehen, daß meine Begeisterung für Star Trek erst mit TNG entbrannt ist. In den Kindertagen habe ich die eine oder andere Episode von TOS zwar gesehen, aber als etwas verschroben abgetan. Später habe ich sie dann im Rückblick noch einmal angeschaut, allerdings immer schon mit den Entwicklungen des 24. Jahrhunderts im Hinterkopf. Und aus dieser Perspektive wirken Kirk und Co halt auch schon etwas … sagen wir verstaubt.
Aber um einige Deiner Aspekte noch aufzugreifen:
Die Tribbles … ja, klar, das ist ein Klassiker. Den Wunsch, Kirk mit den Viechern zu bewerfen, hatte ich allerdings nie 🙂 Die DS9-Episode verstehe ich als eine wundervolle Hommage an die alten Tage mit diesem Dialog über die Klingonen, in dem Worf auf die Entwicklung der Stirnzeichnung angesprochen wird. Herrlich!
Voyager … damit hatte ich rasch meine Probleme. Die Serie erschien mir zu steril, zu froh, zu übertrieben optimistisch. Der Gedanke, weit vom Alpha-Quandranten entfernt den Weg nach Haus zu suchen, war ein guter neuer Ansatz. Aber zu rasch fand sich die Crew mit der Situation ab, zu wenig wurde Janeways bedingungslose Prinzipientreue infrage gestellt. Etwas mehr Meuterei hätte dem Realismus nicht geschadet, hätte das Konzept sogar noch gestützt. Und wo Du die Neubesiedlung eines Planeten ansprichst: Mit diesem Gedanken schwingt auch die Möglichkeit mit, daß es KEINEN Weg gibt, wieder zurück zu kommen, daß das Wunder nicht geschieht und der Überlebenswille trotzdem nicht gebrochen wird.
Und Q … vielleicht sollte man ihn einfach als eine Projektionsfigur wie die antike griechische Götterwelt sehen. In seiner Arroganz, seinen Stimmungen ist er für ein von Vernunft durchsetztes übernatürliches Wesen ja doch sehr menschlich geraten.
Generell kann und will ich aber keine einzelne Episode als meinen absoluten Liebling hervorstreichen. Einerseits ist deren Anzahl inzwischen beträchtlich angewachsen, andererseits gibt es nicht nur ein Star Trek, sondern viele Facetten, viele charakerliche und wissenschaftliche Elemente, die in unterschiedlicher Gewichtung hervorgestrichen werden. Star Trek erfindet sich immer wieder neu … aber generell hege ich ein Faible für die etwas unkonventionelleren Geschichten entwickelt.
Wenn Du vorschlägst, mich ein anders Mal noch dem Thema zu widmen … ich denke, da hätte ich noch die eine oder andere Idee. Ich denke, so lange ich meine Kolumne nicht zu einem Episodenguide umfunktioniere, sollte mir auch die Alex dabei gewogen bleiben 🙂
Liebe Grüße einstweilen und frohe adventliche Tage
Wolfgang